«Mit Keramik kann man 10 Leben füllen!»

«Mit Keramik kann man 10 Leben füllen!»

Angefangen hat alles an der Diplommittelschule, als Lisa im Werkunterricht an einer Drehscheibe arbeiten durfte. Obwohl die erste Vase nicht der grosse ästhetische Hingucker wurde, war Lisa sogleich Feuer und Flamme für Keramik. «Ich wusste sofort: Das Töpfern wird mich ein Leben lang begleiten.»

Egal ob geblümte Krüge, gestreifte Tassen, gemusterte Knoblauchreiben oder bunte Kerzenständer: Der Schaffenswille von Lisa Leonhardt kennt keine Grenzen. Seit sie das Töpfern für sich entdeckt hat, gestaltet sie ununterbrochen. Immer wieder hat sie Töpfermärkte und Ausstellungen mit ihren fantasievollen Arbeiten bereichert. Ideen zu finden ist für sie gar kein Problem. Es gibt immer irgendetwas, das die Töpfer-Kursleiterin ausprobieren will: «Keramik ist endlos – man kann damit 10 Leben füllen!»

Ihre Inspiration findet sie meist in ihrer Umgebung. «Manchmal sind es Strukturen in der Natur, die ich dann in die Keramik einfliessen lasse, oder auch einfach das Muster oder die Farben auf einem Oberteil einer älteren Dame, welche in mir neue Ideen entfachen», meint Lisa. Ihre Kreativität macht aber nicht bei Ton halt – auch mit anderen Materialien ist Lisa vertraut. Das wird klar, als sie ihre selbstgemachte Agenda hervorkramt. Papier, das sie eigens verziert, bedruckt und zu einem Buch gebunden hat. Neben der Töpferei sind auch das Nähen und Sportrudern freizeitliche Aktivitäten, denen sie gerne nachgeht – wenn sie Zeit hat. Denn ein Blick in die Agenda zeigt: Die Wochen sind lang und die Kurse voll.

 

Lisa töpfert nämlich nicht nur selbst an der Drehscheibe, sondern gibt zudem Töpferkurse für Anfänger*innen und Fortgeschrittene in Basel und Winterthur: «Es ist beeindruckend zu beobachten, wie die Kursbesuchenden sich stetig verbessern. Wenn sie etwas begriffen haben, dann funkeln ihre Augen leidenschaftlich.» Dass bei den Töpferkursen Berufsgruppen aller Art und jegliche Lebensentwürfe dabei sind, schätzt Lisa. Die Welt komme zu ihr nach Hause, meint sie. Im Kurs spielt es dann aber keine Rolle mehr, wer welchen Beruf ausübt. Alle geben sich gemeinsam dem Faszinosum Ton hin und es entsteht eine einmalige Atmosphäre.

Je nach Gruppe oder Tageszeit ist die Stimmung unter den Teilnehmenden ganz anders. Manchmal ruhig und konzentriert – dann wieder heiter und gesprächig. Die Kurse bestehen aus Gruppen, in denen Anfänger*innen mit Fortgeschrittenen gemischt sind. So können sich die Töpfernden gegenseitig helfen und motivieren. Das sei immer sehr spannend und schön zu sehen, findet die Töpferin. «Das Töpfern in der Töpferei Villa 34 soll ein Ort der Entspannung sein, um sich vom Alltag zu erholen und runterzukommen», meint Lisa. Das Gestalten mit Ton hat klar auch therapeutische Seiten. Ihr Wissen zum Töpfern als Therapieform vertieft sie zurzeit in einer Weiterbildung. «Ton macht etwas mit den Menschen. Das Schaffen mit den Händen erdet sie und holt sie herunter. Insbesondere das Drehen an der Drehscheibe kann besonders meditativ sein», meint Lisa.

 

Doch nicht nur die Wirkung, die Ton auf Menschen hat, begeistert die 55-Jährige, sondern ebenso, dass aus einem gestaltlosen Naturmaterial mit Hilfe von Drehscheibe und Wasser eine Form erschaffen werden kann. Der ganze Prozess vom formlosen Ton zum fertig glasierten Gebrauchsgegenstand oder zur fertig glasierten Figur dauert einige Wochen. Während der ganzen Prozedur kommt das Naturmaterial mit Luft, Wasser und auch mit Feuer – also der Hitze des Brennofens – in Kontakt. Die Wandelbarkeit der Tonerde im Zusammenspiel mit den verschiedenen Elementen fesselt Lisa immer wieder von Neuem.

 

«Die Faszination für Ton hat mich nicht mehr losgelassen, seit ich an der Diplommittelschule Rychenberg im Werkunterricht eine fussbetriebene Drehscheibe bedienen durfte», erinnert sich die in Winterthur aufgewachsene Töpferin. Sie habe es noch genau vor Augen: Ihr erstes Keramikstück war eine braune, viel zu dicke Vase. Lachend erinnert sich Lisa: «En wüeschte Cheib, dennoch rührt es mich immer noch jedes Mal, wenn ich die Vase bei meiner Mutter im Schrank sehe.»

Das Töpfern im Werkunterricht war ein Schlüsselmoment in ihrem Leben. Sie wusste, dass die Begeisterung für Ton sie von nun an immer begleiten würde – nur wie genau, war noch nicht klar. Denn Lisa war mit dem starken Wunsch, Buchhändlerin zu werden, an die Diplommittelschule gekommen. Sie lernte also Buchhändlerin in der Buchhandlung Vogel (heute: Orell Füssli) und arbeitete einige Jahre in diversen Verlagen wie dem Limmatverlag und dem Nord-Süd-Verlag. Nebenbei besuchte sie verschiedene Töpferkurse und achtete darauf, dass sie immer irgendwo einen Platz hatte, um zu tonen. Nach mehreren Jahren Verlagsarbeit eröffnete sie den Teeladen «Chrüterhuus», wo heute das Cin Cin zu finden ist. Den Laden führte sie ca. 5 Jahre, bis sie Mutter wurde und den Teeladen verkaufte.

 

Nach einer Kinderpause wagte die ambitionierte damals 34-jährige Lisa, ihren Traum zu realisieren und absolvierte bei Edmund Deinböck in Seuzach, einem damals bereits älteren Töpfermeister, die Lehre zur Töpferin. In einem umgebauten Bauernhaus in Ossingen richtet sie sich nach ihrer Ausbildung ein Heimatelier ein und leitet ihre ersten Töpferkurse. Ein voller Erfolg: Nicht nur hat Lisa riesige Freude an ihrer Tätigkeit – auch die Nachfrage ist sehr gross. «Ich habe viel Glück – ich hatte nie ein Problem damit, Kursteilnehmende zu finden», meint Lisa dankbar.

Im Atelier in Ossingen wird es aber schnell zu eng. Lisa vermisst die Stadt, vermisst ihre Heimat Winterthur. Sie beschliesst, nach einem passenden Kursraum in Winterthur zu suchen und wird nach drei Jahren Suche schliesslich fündig. Die Töpfereivilla mit ihrem schönen Garten und den grossen, sonneneinladenden Fenstern liegt nah am Bahnhof und ist eingebettet in ein ruhiges Wohnquartier an der Habsburgstrasse 34 – perfekt für die Keramikkurse. Wenn sie in die Töpferei kommt, ist das für Lisa jeweils wie ein Nachhausekommen. Bestimmt sind die angenehme Ruhe und die wohlwollende Atmosphäre in der Töpferei Villa 34 mit ein Grund, wieso die Kurse immer ausgebucht sind.

Wer auch gerne mal einen Krug oder eine Tasse oder allerlei anderes bei Lisa töpfern würde, findet alle Angaben auf Lisas Homepage www.toepfereivilla34.ch.

Andrea Frei schreibt fürs Coucou und hat sich nach diesem Interview fest vorgenommen, sich auch einmal an einem «wüeschte Cheib» zu versuchen.

Cate Brodersen liebt es, im Regen zu tanzen und schöne Momente mit der Kamera einzufangen.

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