Cover: Julien Felber

Page Blanche

von Eveliina Marty, ohne Titel, 2023

www.eveliinamarty.com

Wer sich das Coucou regelmässig anschaut, hat sich möglicherweise schon mal in einer Bildwelt von Eveliina Marty verloren. Seien es Illustrationen zu Texten über Filme, Fährten oder Friedhöfe (Coucou N°106, N°108 und N°116) oder Beiträge zur Bild-auf-Bild-Reihe (N°111 und N°112): Eveliinas Werke fallen oft durch Mehrschichtigkeit, dunkle Farbpaletten und zahlreiche Details auf. Bei längerer Betrachtung offenbaren sich die Interaktionen und Zusammenhänge in den Bildern – ein wenig so, wie wenn man den Waldboden betrachtet und mehr und mehr erkennt, dass da viele Lebewesen gleichzeitig und gemeinsam am Werk sind. «Zeichnen ist für mich eine Art, mich mitzuteilen, meine Wahrnehmung wiederzugeben und Geschichten zu erzählen», berichtet Eveliina, die hauptsächlich analog arbeitet. Da sie dabei oft experimentiert, weiss sie im Voraus nicht, wie das fertige Bild aussehen wird. Bei Auftragsarbeiten sei es immer auch ein Herausfinden, wie sie die Erwartungen der Auftraggeber*innen mit ihren eigenen Ideen verbinden kann. 
Eveliina, die in der Region Winterthur aufgewachsen ist und diesen Sommer ihr Illustrationsstudium an der Hochschule Luzern abgeschlossen hat, hat mitunter an der Coucoukunst 2022 eine kollaborative Arbeit präsentiert und am Fumetto 2022 und 2023 Bilder ausgestellt. Zudem zeichnet sie gerne Comics, wobei sie Geschichten am liebsten über Stimmungen und Atmosphären erzählt. Farben seien ihr wichtig, berichtet Eveliina, und oft kämen Tiere in ihren Werken vor. Das zeigt sich auch auf der Page Blanche: Helle Blumen wuchern im Dunkeln, zwei Papageien – das rot-blau-gelbe Federkleid deutet auf Scharlacharas hin – sitzen auf einem Ast, einander zugeneigt, der eine putzt dem anderen das Gefieder. Obwohl: Haben ihre Blicke nicht etwas Beobachtendes, Verschwörerisches? Wirkt es nicht fast ein wenig so, als würden sie sich im Dickicht etwas zuflüstern?

Text: Aleks Sekanić