Schulgeschichten

Schulgeschichten

Was sich in einer Schule unter den Tischen abspielt, darüber kann oft nur spekuliert werden.

Einen Eindruck möglicher Szenarien gibt es in der Mensa der Berufsbildungsschule Winterthur. Hier dient eine Glaswand zwischen Essensausgabe und Speisebereich als Präsentationsfläche für zwei Reihen Schwarz-Weiss-Fotografien. Die obere Reihe wirft von vorne einen Blick unter die Tische – quasi die Perspektive der gebückten Lehrperson. Die untere Reihe ist ein wenig ungewöhnlicher. Die Fotos zeigen einen Blick von hinten und zudem um 180 Grad gedreht – als schaue jemand kopfüber unter den Tisch.

 Die Stimmung auf den Fotografien wirkt lebendig: Mit einer Sonnenblume wird ein Regenschirm hervorgefischt, neben Rucksäcken liegen ein Skateboard, ein Motorradhelm und ein Radio. Bücher stapeln sich und das gesunde Essen, sprich Apfel und Banane, werden für den Zvieri unter dem Tisch aufbewahrt. Die Beziehungen der Schüler*innen scheinen verschiedenartig: Während einige schüchtern – gar formell – nebeneinandersitzen, sind weitere vertraut und locker beisammen, bei manchen gibt es einen Annäherungsversuch via Fuss und bei anderen ist gar der Platz auf dem Schoss besetzt.

Die Fotografien stimmen neugierig. Gerne würde ich wissen, was die unterschiedlichen Personen gerade besprechen, wie sie sich fühlen und was sie mit ihrem Leben anstellen werden. Mir ziehen Bilder durch den Kopf – vom Skaterboy, der es Tony Hawk nachmachen will, von der bikenden Person, die ihre Freizeit auf den deutschen Autobahnen verbringt oder von der angehenden DJane, die ihre ersten Mixtapes präsentiert.

 Die Kleidung und Gegenstände erzeugen zudem den Eindruck, in der Zeit zurückgereist zu sein; in ein Jahr, in dem Musik noch mit Radios statt Smartphones gehört wurde. Auch die auffälligen Muster der Kleidung und Schuhe deuten auf ein früheres Jahrzehnt hin. Kein Wunder: Das Werk stammt aus dem Jahr 1994. Geschaffen wurde es als Kunst-am-Bau-Projekt von Franziska Bodmer und Bruno Mancia, die seit 1984 als Team arbeiten. Die beiden inszenierten die zehn Fotografien in ihrem Fotostudio «FBM Studio» in Zürich und nahmen sie mit einer Grossformat-Filmfachkamera auf. Das Oldschool-Flair wird von der analogen Technik unterstützt und lässt den Wunsch entstehen, den Zmittag in den 1990er-Jahren hier in der Mensa verbracht zu haben. Sei es aus Nostalgie oder für den Gossip.

Chelsea Angel Neuweiler studiert Kunstgeschichte und Germanistik an der Universität Zürich.

Jonas Reolon ist Fotograf und Kameramann aus Winterthur.

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