Gemeinsam mit der frechen Rasselbande aus «The Florida Project», der sechsjährigen Moonee sowie Scooty, Dicky und Jancey, streifen wir umher, betteln um Eis, streunen durch verlassene Häuser und beobachten neugierig die nackte Nachbarin am Pool. Es sind schliesslich Sommerferien und die Kinder haben eine Menge Zeit, um die Umgebung zu erkunden und Schabernack zu treiben. Sie wohnen in Motels wie «The Magic Castle» oder im «Futureland Inn», welches in violetten, grellen Pastelltönen an eine Zuckerwattenwelt erinnert – nicht weit entfernt liegt das Disney Land, das vor seiner Eröffnung den Namen «The Florida Project» trug.
Am Schauplatz selbst offenbart sich, wie nahe sich die Illusion und die Realität des «American Dream» symbolisch und geografisch stehen: Die fröhliche, bunte Welt der Kinder wird konfrontiert mit der harten Realität, in der die Eltern der Kinder versuchen, Tag für Tag zu überleben. Die meisten Familien, die in diesen Motels wohnen, leben unter dem Existenzminimum und sind weit entfernt von einem grossartigen Trip ins Disneyland. Das Motel wird zum festen Zuhause, obwohl das eigentlich durch die Richtlinien untersagt ist. Die Familien kämpfen unerbittlich jeden Monat darum, die Miete zu bezahlen und nicht auf der Strasse zu landen; so wie auch Moonees Mutter Halley, die mit ihr gemeinsam illegal billiges Parfüm an Tourist*innen verkauft und auf das Essen einer benachbarten, ebenfalls alleinerziehenden Mutter angewiesen ist. Im Restaurant, in dem die befreundete Nachbarin Ashley kellnert, können sie jeden Morgen etwas Essen abgreifen, bis irgendwann die Freundschaft der beiden Mütter zerbricht und die Lage von Moonee und ihrer Mutter immer prekärer wird.
Bobby (Willem Dafoe), der Manager des Hotels, versucht sein Bestes, um den Kindern und ihren Familien in dieser misslichen Lage zu helfen. Er ist streng, fast väterlich und hat trotzdem viel Mitgefühl. Obwohl er nur begrenzt helfen kann, sucht er unerbittlich Wege, um die meist unsichtbare Prekarität der finanziell benachteiligten Motelbewohner*innen abzufedern.
Sean Baker zeigt ein Amerika, das für viele oft unsichtbar bleibt. Er schafft es, durch die Perspektive der Kinder eine Systemkritik einzubinden, die die ärmlichen Verhältnisse nicht stilisiert, sondern ein kontrastreiches, ambiges Bild zeichnet. Die Kinder sind nicht unschuldig, sie sind widerspenstig und unbändig in einer Welt, die sie still und leise vergessen zu haben scheint.
Dieser Film hat mich zum Schlosshund gemacht (was nebenbei gesagt auch überhaupt nicht schwer ist *heul heul*). Dennoch hat mich dieser Perspektivenwechsel nachhaltig beindruckt, ich kann ihn nur wärmstens empfehlen.
Andrea Frei ist Filmliebhaberin und liebte es, Willem Dafoe mal in einer ziemlich normalen Rolle zu sehen.












