Viaticum machen Kosmik- oder Spacerock. Soldat Hans bezeichnet sich als «Five-piece Downtempo Folk Doom Band». Die Bezeichnungen sind nicht gerade hilfreich, wenn man den Sound nicht kennt…
Pascal Moll: Weil die Leute Definitionen wollen, bevor sie bei Viaticum reinhören, brauchten wir einen Begriff. Unser Sound enthält viele Spacerock-Elemente, ist aber nicht klassischer Spacerock wie er zum Beispiel von Hawkwind ab den 1970er-Jahren gespielt wurde. Daneben gibt es auch Stonerrock-Elemente, allerdings nicht im klassischen Sinn wie ihn Kyuss spielen. Wenn ich gefragt werde, was für Musik Viaticum macht, sage ich Rock – wir haben zwei Gitarren, Bass und Schlagzeug.
Omar Hetata: Auch bei Soldat Hans ist es schwierig, ein klares Label aufzudrücken. «Downtempo», weil es sehr langsame Musik ist. Mit «Folk» ist eine Mischung aus Blues, Country, Folk und Gospel gemeint, respektive das Feeling. «Doom», weil wir einige Sludge/Doom-Elemente in unserem Sound haben – er verfügt über ein Spektrum von ganz leise bis zu ganz hart. Unsere Musik ist eine Spielweise: Die Songs beginnen sehr «flashig» und ziehen einen als Musiker in eine Art Trance, bis es dann zu einem musikalischen Ausbruch kommt.
Dass zwei Bands zusammen ihre neuen Alben taufen, ist eher ungewöhnlich – wie kam es dazu?
Omar: Wir planten zusammen eine Tour im November. Da kam auch die Idee auf.
Pascal: Und da wir alle untereinander befreundet sind und der Start der Tour im Gaswerk ist, war die Doppelplattentaufe naheliegend. Erstaunlicherweise ist es das erste Mal, dass Viaticum und Soldat Hans zusammen spielen.
Soldat Hans haben bei Philip Harrison von My Name Is George aufgenommen. Weshalb gerade bei ihm?
Omar: Unser Schlagzeuger ist der Bruder von Philip. Und er hat viel Erfahrung als Musiker und Produzent. Wir haben ihn angefragt und er hat sich bereiterklärt, uns aufzunehmen – auch wenn Soldat Hans nicht dem «typischen Harrison-Sound» entspricht. Genau das hat sich als Glücksfall erwiesen. Er hat unserem Sound eine ganz neue Ebene hinzugefügt und unsere Vorstellungen extrem schnell verstanden.
Pascal, bei wem habt ihr das Album aufgenommen? Habt ihr bereits ein Label?
Pascal: Wir haben bei Yvo Petrzilek von Verwaltzen Studios aufgenommen. Wir brauchen jemanden, der unseren Sound versteht und haben bereits früher mit ihm zusammengearbeitet. Nicht zu unterschätzen ist dabei auch das Zwischenmenschliche – unsere Freundschaft mit Yvo war bei der Zusammenarbeit sehr wertvoll. Er versteht, was wir wollen und gehört während den Aufnahmen eigentlich zur Band. Unser erstes Album haben wir über das Label «acoustic desaster records» veröffentlicht; ein ganz kleines, Ein-Mann-DIY-Label, das mit extrem viel Herzblut von dessen Inhaber am Leben bleibt. Er selber spielt bei der Schweizer Psych-Rock Band Ad’Absurdum. Es war cool, das Album über ein Label zu veröffentlichen – davon hat man in der Regel aber nicht viel, ausser eine, zwei Shows mehr. Das neue Album wird nun nicht mehr unter dem Label erscheinen.
Die Stücke von Viaticum und Soldat Hans dauern 10 bis 15 Minuten. Was begeistert euch an diesen epischen Songs?
Pascal: Unsere Songs entstehen oft während Jams. Es braucht Zeit, bis wir selbst in den Sound hineinfinden. Klar, es gibt Bands, die hundertmal mehr Riffs in drei Minuten reinbringen als wir in eine Viertelstunde. Das ist auch cool so, aber für uns würde sich das nicht richtig anfühlen. Mich begeistert es, wenn man genügend Zeit hat, um in die Welt eines Songs einzutauchen. Wir haben auch kürzere Songs, aber fünf Minuten ist bei uns wohl wirklich die unterst mögliche Grenze.
Omar: Unsere Musik kannst du nicht einem Freund zeigen im Stil von «Hör mal kurz rein!» wie zum Beispiel bei «No One Knows» von den Queens of the Stone Age, das einen sofort mitreisst. Bei Soldat Hans muss man sich Zeit nehmen und sich auf die Songs einlassen – es ist eher wie bei Pink Floyd’s «Echoes».
Pascal: Das ist der Sound, mit dem wir aufgewachsen sind.
Omar: Genau. Queen, Beatles, Pink Floyd – das sind Bands, die keine Normen kannten. Wie lange ein Song dauert, interessiert uns nicht. Bei uns beginnt ein Song mit einem einfachen Riff, bis alle das richtige Feeling haben. Dann bauen wir darauf auf und steigern das Ganze. Das dauert halt, so lange es dauern muss und es uns als Band «flasht».
Ihr erwähnt Ausdrücke wie «Trip me Tender» oder «flasht» im Zusammenhang mit eurem Sound... Wie steht ihr zu Drogen? Hat das Einfluss auf euren Sound?
Omar: Ich würde niemals jemandem empfehlen, unsere Musik zuhause zu hören und Drogen dazu zu konsumieren. Aber man kann das natürlich durchaus ausprobieren… Nein, ich finde das braucht es nicht.
Pascal: Es ist so, dass viele Leute gerade den Spacerock oder Stonerrock als sehr geeignet für den Drogenkonsum empfinden: «Du musst ja betrunken sein, um solchen Sound überhaupt zu machen!», höre ich oft. Das ist ein Klischee – wir sind jeweils stocknüchtern, wenn wir unsere Songs spielen, auch beim Proben. Sonst bekommt man das nicht auf die Reihe. Aber wenn die Leute gerne eins Trinken oder Rauchen dazu, werden wir sie nicht davon abhalten.
Omar: Musik ist immer eine Gedanken- und Gefühlssache. Unsere Songs bekifft zu spielen, ginge aber nicht. Als Hörer hat man da natürlich andere Voraussetzungen…
Eure Musik hat etwas Entschleunigendes. Wollt ihr mit eurem Sound etwas Meta-Musikalisches aussagen?
Omar: Nein, eigentlich nicht. Wir machen nicht Musik, um damit ein Statement abzugeben. Ich glaube, wir haben einfach ein anderes Verständnis von Musik, als es viele Leute heutzutage haben. Ich finde, dass man der Musik nicht mehr genügend Zeit einräumt. Sie orientiert sich zu oft an einem ökonomischen (Pop-)Prinzip. Man hat einen Markt, die Konsumenten und die Konkurrenz. Wenn du einen Song rausbringst, muss dieser neben hunderten anderen bestehen, die sich um denselben Slot von drei Minuten streiten. Die Popmusik ist zu einem Franchising-Ding geworden… Ich finde, Musik kann auf verschiedenste Arten zelebriert werden: Du kannst an ein Konzert gehen, an dem du jeden der Dreiminutensongs mitsingen kannst, was auch cool ist. Mir gefällt es aber besser, wenn ich mir für Musik Zeit nehmen, mich mit ihr auseinandersetzen und dazu mit einem Glas Rotwein aufs Sofa setzen kann.
Welche Band kommt euch als Referenz in den Sinn, wenn ihr an die Band des jeweils anderen denkt?
Pascal: Bei Soldat Hans muss ich immer an Kayo Dot denken.
Omar: Geil – mit Kayo Dot bin ich absolut einverstanden! Bei Viaticum ist es schwierig, weil sie sehr vielseitig sind. Radar Men From the Moon!
Pascal: Das ist cool – sind halt aber instrumental.
Omar: Okay, dann Radar Men From the Moon und Neil Young!
Pascal & Omar: Für uns beide geht ganz klar Aerogramme als ein der am liebsten gewonnen Bands durch. Albumtipp: «My Heart Has a Wish That You Would Not Go».
Doppelplattentaufe
8. November, 20.30 Uhr
Eintritt: CHF 15/12
Kulturzentrum Gaswerk
Untere Schöntalstrasse 19
www.gaswerk.ch
www.viaticumband.com
www.soldathans.org