Wie die Unsicherheit die Clubs in Atem hält

Die Covid-19-Pandemie hat das Nachtleben eingeschränkt und zuweilen unmöglich gemacht. Clubs sind von den Massnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus besonders betroffen. Trotz Kurzarbeits- und Ausfallentschädigungen spüren die vier OnThur-Clubs Albani, Gaswerk, Kraftfeld und Salzhaus die finanziellen Folgen der Pandemie. Um zu erfahren, was im letzten Jahr hinter den Kulissen dieser Kulturlokale passiert ist, hat Amina Mvidie mit den Betreiber*innen der Clublokale gesprochen.

Die Winterthurer Clubs waren zuversichtlich ins Jahr 2020 gestartet: Das Albani konnte nach einem guten Jahr etwas Geld für Investitionen auf die Seite legen. Auch das Salzhaus hat sich über die letzten Jahre ein gutes finanzielles Polster erarbeitet und die Betreiber*innen des Kraftfelds konnten sich erstmals seit einigen Jahren über Schuldenfreiheit freuen. Der Non-Profit-Verein, der das Kulturlokal am Lagerplatz sowie den Portier betreibt, hatte sämtliche Schulden, die beim Umbau des Portiers vor zehn Jahren entstanden sind, abzahlen können. «Wir waren an einem guten Punkt», sagten die Kraftfeld-Co-Betriebsleiter*innen Claudio De Boni und Alexandra Götz in einem Gespräch Ende November. Beim Gaswerk sah die finanzielle Lage stets etwas entspannter aus als bei den anderen drei Musikclubs. Im Kulturzentrum sind nur wenige Stellenprozente bezahlt und die städtische Liegenschaft kann vom Verein Gaswerk mietfrei genutzt werden. Die vier Konzertlokale, die sich 2004 zum Verein OnThur zusammengeschlossen haben, erhalten von der Stadt und dem Kanton Subventionen. Beim Gaswerk machen diese 24 Prozent des Jahresumsatzes aus, beim Albani sind es zehn, beim Kraftfeld weniger als neun und beim Salzhaus weniger als fünf Prozent.

Die Vorzeichen für ein erfolgreiches Jahr standen demnach gut – bis Mitte Februar die Fälle von Covid-19-Ansteckungen zunahmen. Die Ausbreitung des Virus veranlasste den Bundesrat am 28. Februar dazu, ein Verbot für Veranstaltungen mit über 1’000 Personen auszusprechen. Obwohl die vier OnThur-Clubs noch nicht von dieser Massnahme betroffen waren, spürten die Betreiber*innen bereits da ein Unbehagen. Zwei Wochen später, am Freitag, 13. März, verbot der Bundesrat Veranstaltungen über 100 Personen und führte eine Personenbeschränkung auf 50 Menschen für Bars sowie Diskotheken ein. Für das Gaswerk, Salzhaus und Kraftfeld bedeutete dies die vorübergehende Schliessung. Die schwedische Stoner-Rock-Band Truckfighters sei an diesem Tag bereits in Winterthur gewesen, als sie das Konzert im Gaswerk absagen mussten, erinnerte sich Omar Fra, der Programmverantwortliche vom Gaswerk. Als der Bundesrat am Montag, 16. März, die «ausserordentlichen Lage» erklärte, stellte schliesslich auch das Albani den Barbetrieb ein. Einige Tage später verabschiedete der Bund ein Massnahmenpaket von 280 Millionen Franken für den Kultursektor. Dieses sollte die wirtschaftlichen Schäden der ersten zwei Monate abfedern und von den Kantonen verteilt werden. Hinzu kam die Kurzarbeitsentschädigung. Deren Beantragung wurde im Laufe des Jahres zunächst vereinfacht, dann wieder verschärft und schliesslich noch einige Male abgeändert. Was sich zunächst entlastend anhört, entwickelte sich für einige der Club-Betreiber*innen jedoch zu einer Bürokratie-Odyssee. Von ihnen war seit der ersten verordneten Schliessung im März nämlich vor allem eines gefragt: Geduld und Flexibilität.

Stellt man die vom Bundesrat erlassenen Corona-Massnahmen und die kommunizierten Informationen zu den Corona-Hilfen für den Kultursektor des Kantons Zürich den Erfahrungen der Club-Betreiber*innen gegenüber, erhält man nicht nur einen Einblick in die Arbeit der Kulturlokale während der Pandemie, sondern es werden auch einige Absurditäten deutlich.

 

Phase 1: Lockdown – die Betriebsschliessungen

Das Coronavirus hatte die Schweiz im Frühling zum Stillstand gebracht. Drei der vier Winterthurer Musikclubs beantragten nach der verordneten Betriebsschliessung des Bundesrates Mitte März Kurzarbeitsentschädigung. Das Gaswerk verzichtete auf einen Antrag, da während Konzerten grösstenteils ehrenamtliche Helfer*innen im Einsatz stehen und sämtliche Fixkosten über die Subventionen gedeckt werden können.

Die Anträge für Kurzarbeit stellte die Club-Betreiber*innen vor einige Herausforderungen. Roland Mages, Co-Geschäftsführer im Albani, erzählt, dass er die Anträge anfangs dreimal einreichen musste, bis sie schliesslich von der Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich gutgeheissen wurden. Zwar hat die Kurzarbeitsentschädigung die Club-Betreiber*innen vorübergehend entlastet und die Wahrung der insgesamt 199 Arbeitsverhältnisse, grösstenteils auf Teilzeit- und Stundenlohnbasis, in den drei OnThur-Clubs sicherstellt. Jedoch fiel die Entschädigung für die einzelnen Angestellten aufgrund der kleinen Arbeitspensen und bereits tiefen Löhne sehr gering aus. Wegen des Wegfalls des Trinkgeldes und weil nur 80 Prozent des Lohnes durch die Kurzarbeitsentschädigung gedeckt sind, hatte das Barpersonal des Albani gerade mal noch die Hälfte ihres eigentlichen monatlichen Verdienstes. Die Geschäftsleitung zahlte dem Barpersonal daher weiterhin die restlichen, nicht von der Arbeitslosenkasse übernommenen 20 Prozent des Lohnes aus. Auch die Mitarbeiter*innen des Salzhauses erhielten während des Lockdowns ihren üblichen Lohn. «Wir wollten nicht, dass das Personal unverschuldet keinen oder einen geringeren Lohn bekommt», sagt Salzhaus-Co-Geschäftsführer Michael Breitschmid. Der Beschluss, dass nicht nur die Festangestellten, sondern auch die knapp 100 Stundenlöhner*innen im Salzhaus für die Zeit ab September Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung haben, kommunizierte die Arbeitslosenkasse allerdings erst im Dezember. Bis dahin hatte das Salzhaus die Löhne selbst vorgeschossen. «Lange hätten wir das aber nicht mehr machen können», sagt Michael Breitschmid, «wir hätten diese Mitarbeiter*innen demnächst entlassen müssen».

Auch die Club-Betreiber*innen, die wie Michael Breitschmid und Roland Mages sowohl Mitinhaber*innen mit arbeitgeberähnlicher Funktion als auch Angestellte sind, hatten anfänglich nur während des Lockdowns ein Anrecht auf Kurzarbeitsentschädigung. Diese und andere Ausnahmeregelungen wurden im Sommer jedoch aufgehoben und bei der zweiten Schliessung im Oktober nachträglich wieder eingeführt.

Die Corona-Kredite

Die erste Massnahme, die vom Bundesrat für die finanzielle Unterstützung des Kultursektors verabschiedet wurde, war die Soforthilfe in Form von zinslosen Corona-Krediten für Kulturbetriebe. Das Albani und das Kraftfeld machten beide von diesen zinslosen Darlehen Gebrauch. Weil sich herausstellte, dass der Musikclub in der Steinberggasse auch ohne den Kredit von 60’000 Franken über dir Runden kommen würde, unter anderem, weil das Albani von der Eigentümerin der Liegenschaft eine Mietreduktion von 50 Prozent erhalten hatte, zahlte der Club das Darlehen bereits nach drei Monaten wieder zurück. Das Kraftfeld hingegen brauchte den Corona-Kredit von 145’000 Franken bis Ende November fast vollständig auf. Die pandemiebedingten Mehraufwände – unter anderem für Schutzkonzepte und Administration – gepaart mit den Einschränkungen bei Anlässen machten die meisten Anlässe im Sommer defizitär. Ein Grossteil der Fixkosten blieb zudem auch bei einer vorübergehenden Schliessung bestehen. Ausserdem erhielt das Kraftfeld bis heute keinen Mieterlass von der Stiftung Abendrot, der Besitzerin des Lagerplatzes. Dass ein Mieterlass die Clubs wie auch andere Betriebe entlasten kann, bestätigt Michael Breitschmid vom Salzhaus: Während des Lockdowns im Frühling verzichtete die Stadt Winterthur als Eigentümerin auf die Miete. Eine entsprechende Vorlage, die einen Mieterlass für sämtliche Betriebe während des Lockdowns zum Ziel hatte, wurde in der Wintersession des Parlaments von den bürgerlichen Parteien jedoch abgelehnt.

Die Ausfallentschädigungen

Die zweite Massnahme, die der Bundesrat zur finanziellen Unterstützung der Kulturbetriebe beschlossen hatte, war die Ausfallentschädigung für abgesagte und verschobene Veranstaltungen. Diese Entschädigungen, die vom Bund und den Kantonen je zur Hälfte übernommen werden, decken bis zu 80 Prozent der finanziellen Schäden, die aufgrund der Betriebsschliessungen entstanden sind. Für Musikclubs im Kanton Zürich belief sich die Entschädigung zuerst auf maximal 50 Prozent, bis im Dezember rückwirkend entschieden wurde, dass auch die Clubs zu 80 Prozent entschädigt werden.

Die Kulturbetriebe konnten die entsprechenden Gesuche ab dem 9. April beim Kanton einreichen. Am 22. Juni gab die Zürcher Regierungsrätin und Kulturministerin Jacqueline Fehr an einer Medienorientierung bekannt, dass bereits über ein Tausend solcher Gesuche bei der Fachstelle Kultur eingegangen seien. Darunter befanden sich auch die Anträge vom Kraftfeld und Salzhaus. Co-Geschäftsführer Michael Breitschmid sagte über die Zeit, in der er die Formulare ausgefüllt hatte: «Es war ein Chaos, alle paar Wochen wurde ein neues Antragsformular aufgeschaltet.» Dabei seien viele der Excel-Formulare fehlerhaft gewesen, die Gesuchsteller*innen konnten diese jedoch nicht selbst korrigieren.

Die Berechnungen für die Ausfallentschädigung erfolgten bis Ende August aufgrund der budgetierten Einnahmen. Die Kulturbetriebe mussten dabei abschätzen, wie viel sie bei jeder ihrer abgesagten Veranstaltung eingenommen hätten – von den Eintritten bis zu den verkauften Getränken. Das bei 70 Veranstaltungen zu berechnen, sei nicht ganz einfach gewesen, sagt Michael Breitschmid. «Ich rechnete fast eine Woche, bis ich alle Angaben zusammen hatte.» Inzwischen hat die Fachstelle für Kultur des Kantons Zürich die Berechnungsmethode umgestellt. Die Schadensberechnungen erfolgen seit Ende Dezember nun anhand der durchschnittlichen monatlichen Einnahmen der letzten drei Jahre.

Nebst dem Durcheinander mit den Formularen habe auch die Kommunikation mit den Behörden viel Zeit in Anspruch genommen. «Bei Fragen erhielt man nicht immer eine zufriedenstellende Antwort», sagt Michael Breitschmid. Jedoch sei ihm klar gewesen, dass auch die Fachstelle des Kantons mit der Situation überfordert war. Nach der Eingabe der Gesuche Anfang Juni erhielt das Salzhaus Ende August die erste provisorische Vergütung. Wie diese berechnet wurde, kann Michael Breitschmid nicht vollständig nachvollziehen. Er sei jedoch bei seiner eigenen Berechnung, die er teils basierend auf den Vorjahreszahlen gemacht habe, auf ein ähnliches Ergebnis gekommen.

Für das Kraftfeld war die Situation Ende Sommer anders: «Bis im November sah es so aus, als würden wir durch die Maschen fallen», sagt Claudio De Boni. Gemäss ersten Berechnungen des Kantons hatte der Non-Profit-Verein zuerst kein Anrecht auf finanzielle Unterstützung. Ein Grund dafür war das Verhältnis von Ticketing- und Gastronomieeinnahmen. Mit der Gastronomie finanziert der Club, wie auch die anderen drei Clubs, das kulturelle Angebot quer. Nach Erhalt des negativen Bescheides intervenierte das Kraftfeld beim Kanton. Auch das Kulturdepartement der Stadt Winterthur, die Kulturlobby Winterthur und der Verband Petzi machten auf den Missstand aufmerksam. Überlebenswichtig war auch, dass der Kanton und die Stadt die Subventionen während der Pandemie weiterhin bezahlten.

Phase 2: Der Sommer und die Wiederöffnung

Dass die Clubs Mitte März schliessen mussten, war für die Betreiber*innen absehbar. Dass sie am 6. Juni bereits wieder öffnen durften, hingegen nicht. Erst am 27. Mai gab der Bundesrat die Lockerungen für die Nachtclubs und Diskotheken bekannt. Wer öffnete, musste sich an folgende Bedingungen halten: eine Präsenzliste führen, sofern der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann, Sitzpflicht, Sperrstunde ab 24 Uhr und Zutritt für maximal 300 Personen. Für die Betreiber*innen bedeutete das vor allem eines: umdenken. Das Albani und das Kraftfeld nahmen den Barbetrieb Anfang Juni wieder auf. Die Steibi wurde zum Hotspot – und so auch die Gartenbeiz vom Albani. «Wir hatten ein anderes Publikum als zuvor», sagt Co-Geschäftsführer Roland Mages. «Es war eine Mischung aus Bolero- und Widder-Gästen.» Auch die Trinkgewohnheiten hätten sich im Sommer verändert. «Der Gin-Tonic-Konsum ist krass gestiegen und ein glutenfreies Bio-Bier aus Tschechien war plötzlich sehr beliebt.»

Am 22. Juni gab der Bundesrat schliesslich die «Normalisierung» bekannt: Veranstaltungen mit bis zu 1’000 Personen konnten wieder stattfinden, die Sperrstunde und die Sitzplicht wurde aufgehoben. Die Veranstalter mussten jedoch sicherstellen, dass nicht mehr als 300 Personen pro Veranstaltung kontaktiert werden müssen, beispielsweise indem sie die Personen in verschiedene voneinander abgegrenzte Sektoren à 300 Personen einteilen. Kurzum eine aufwändige und schwer umsetzbare Massnahme, welche die Betreiber*innen des Salzhauses dazu veranlasste, den Betrieb im Haus weiterhin ruhen zu lassen, da er nicht kostendeckend hätte geführt werden können – eine «freiwillige» Betriebsschliessung. Die alljährliche Sommerbar im Freien konnte unter den Bedingungen aber trotzdem stattfinden. Dies einfach mit neuem Namen: aus der Sommer- wurde die Sonderbar. Gewinnbringend war diese jedoch nicht: Wegen Kapazitätsbeschränkungen spielte sie  nur die Hälfte des Vorjahresumsatzes ein. Hinzu kamen höhere Kosten für Schutzkonzepte.

 

Mit der Lockerung der Massnahmen Mitte Juni nahmen die kleineren Musikclubs Albani und Kraftfeld auch ihr Veranstaltungsprogramm wieder auf. Passend zu der unsicheren und mystischen Lage rief das Kraftfeld eine Sommerbar mit verschiedenen Veranstaltungen und Partys unter dem Namen «Mothership Connection» ins Leben. Die Gestaltung des Programms sei aber nicht immer ganz einfach gewesen, sagt Claudio De Boni. «Einige Bands und DJs haben aufgrund einer Ansteckung oder Quarantänepflicht kurzfristig abgesagt.»

Die Schutzkonzepte und -massnahmen

In kürzester Zeit haben die Musikclubs Schutzkonzepte erarbeitet. Im Kraftfeld galten zeitweise sogar drei verschiedene: eines für Bar-Abende, eines für Veranstaltungen drinnen und eines für Veranstaltungen draussen. Das Salzhaus hat zudem zusammen mit einem lokalen IT- und Web-Programmierer ein elektronisches Contact-Tracing-System entwickelt, das seither schweizweit genutzt und auch vom Albani und Kraftfeld übernommen wurde. Das Gaswerk blieb wegen schon länger geplanten Umbauarbeiten den ganzen Sommer geschlossen.

Damit das Contact-Tracing lückenlos durchgeführt werden konnte, musste mehr Personal eingeplant werden. Im Kanton Zürich wurde zudem Anfang Juli ein Pikett-Dienst für die Clubs eingerichtet, sodass die Betreiber*innen im Fall einer Covid-Ansteckung im Club schnell reagieren und mit dem Kanton in Kontakt treten konnten. «Wir mussten jeden Tag von sieben Uhr morgens bis zehn Uhr abends erreichbar sein», sagt Roland Mages.

Obwohl die Clubs als eine der ersten Branchen ein umfassendes Contact-Tracing-System hatten, wurde die Wiederöffnung in den Medien teils stark kritisiert. Grund dafür waren die sogenannten Super-Spreader-Fälle. Als das Bundesamt für Gesundheit (BAG) an einem Freitag Ende Juli fälschlicherweise bekannt gab, dass sich die meisten Menschen in Clubs ansteckten würden, machte sich Ärger bei den Clubbetreiber*innen breit. «Verglichen zu anderen Branchen waren wir einfache Sündenböcke», sagt Michael Breitschmid. Das BAG entschuldigte sich zwei Tage später für die Herausgabe der falschen Zahlen, das negative Image sei jedoch an den Clubs haften geblieben.

Nachdem die Sommermonate ohne weitere Restriktionen vergingen, beschloss der Kanton Zürich Ende August neue Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie. Ab diesem Zeitpunkt änderten sich die Regeln stetig – Personenbegrenzungen für Aussen- und Innenbereiche; Aufhebungen dieser Begrenzungen, sofern Masken getragen wurden; Einführung einer Maskenpflicht für das Clubpersonal; Sitzpflicht bei Konsumation, und so weiter. Trotz der vielen Regelungen blieben für die Club-Betreiber*innen viele Dinge unklar. Roland Mages fragte sich beispielweise, ob die Gäste den Töggelikasten im Albani noch benutzen durften. Als er die Polizist*innen bei einer Kontrolle fragte, wussten sie auf diese Frage auch keine Antwort. Da das Albani sowohl ein Club als auch eine Bar und ein Hotel ist, war es für den Co-Geschäftsleiter schwierig einzuschätzen, welche Massnahmen nun für das Albani als Betrieb konkret galten. Die Bestimmungen der jeweiligen Branchen waren teils sehr unterschiedlich: So war das Betreiben einer Hotelbar weiterhin erlaubt, während die Gastronomiebetriebe und Clubs schliessen mussten. Auch das Kraftfeld und das Salzhaus hatten ähnliche Probleme. Michael Breitschmid erzählt, dass es unterschiedliche Regeln für Veranstaltungen und Clubs gab: «Nicht klar war beispielsweise, ob Veranstaltungen, die zeitweise erlaubt waren, verboten sind, nur weil sie in einem Club stattfinden.»

 

Phase 3: Die erneute Schliessung

Seit dem 29. Oktober sind alle OnThur-Clubs wieder geschlossen und die Betreiber*innen beschäftigen sich erneut mit den Anträgen für die Ausfallentschädigung. Das Kraftfeld stand im November zudem kurz vor dem Konkurs. Der Entscheid vom Kanton, ob das Kraftfeld für die Ausfälle während des Lockdowns eine Entschädigung erhält, war noch immer hängig. Co-Betriebsleiterin Alexandra Götz sagt beim Interview-Termin Mitte November: «Die Hoffnung ist immer noch da. Die Frage ist nur, wann entschieden wird?» Eine Woche später kam dann die erfreuliche Nachricht des Kantons. «Uns fällt ein grosser Stein vom Herzen», verkündete Claudio De Boni in einem Mail. Allerdings betont er, dass die Unterstützungsmassnahmen auch 2021 weitergeführt werden müssen, bis sich wieder eine Normalität im Kulturbereich einstellt. Denn was für ein Schaden bleibe und ob die Clubs nach dieser Krise weiterexistieren können, sei alles andere als gewiss.

Für das Gaswerk, das nach dem Umbau im Oktober eigentlich wieder öffnen wollte, heisst es wie für die anderen OnThur-Clubs, zunächst einmal abzuwarten und zu beobachten, wie sich die Situation im neuen Jahr entwickelt. Die Betreiber*innen des Albani machten über die Festtage erstmal eine Pause und legen das Booking bis auf Weiteres auf Eis. Im Gespräch kurz vor Weihnachten sagt Roland Mages: «Ich bin froh, fix Ferien zu haben.» Über die Weihnachtsferien freute sich auch Michael Breitschmid. Es sei ein anstrengendes und stressiges Jahr gewesen – mit wenig Gewissheit. Obwohl die Club-Betreiber*innen mit einer gewissen Zuversicht ins Jahr 2021 starten und – wenn es die Lage zulässt – bald wieder öffnen wollen, wird die Unsicherheit sie auch in diesem Jahr begleiten. Michael Breitschmid sagt: «Man fragt sich schon, wer noch da ist, wenn es wieder losgeht?»

(Update: Anfang Februar 2021 hat das Kraftfeld von Abendrot dann doch noch zwei Monate Mieterlass erhalten. Für den Lockdown im Frühling 2020.)

  

Die Gespräche mit den Clubbetreiber*innen wurden wie folgt geführt:
Claudio De Boni und Alexandra Götz (Kraftfeld) am 18. November 2020
Michael Breitschmid (Salzhaus) am 4. Dezember 2020
Roland Mages (Albani) am 22. Dezember 2020
Omar Fra (Gaswerk) via Zoom am 23. Dezember 2020

Amina Mvidie studiert Journalismus und Organisationskommunikation an der ZHAW, betreut beim Coucou das Kalender-Mail und vermisst das Winterthurer Nachtleben.

Dieser Hintergrund wurde von den Jungen Journalisten mit dem Coup-Stipendium unterstützt.

 

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