Im ersten Song auf dem neuen Album «Campione» gibt es eine klare Ansage: «Di beschti Rapcrew» ist zurück. Was macht euch als Rapcrew aus, dass ihr euch als die beste der Schweiz bezeichnet?
Thomas Eggli alias Phumaso: Dass wir uns auf dem neuen Album als die beste Rapcrew der Schweiz bezeichnen, ist nicht ganz ernst zu nehmen. So ein Spruch gehört zur «competition» in der Hiphop-Szene.
Ariel Hasler alias Smack: Wir gehören sicher zu den Besten in dem, was wir als Crew machen. Jeder von uns kann rappen. Ob wir tatsächlich die besten sind, muss das Publikum beurteilen.
Fratelli-B und auch Phumaso & Smack sind Crews, die für ihre Alben und Touren andere MCs hinzuholen. Auch als MC ist man selten alleine unterwegs. Was ist bei der Möchtegang anders?
Simon Kessler alias C.mEE: In einer Gruppe arbeitet man anders, als wenn man alleine Texte schreibt. Chandro und Flap von Fratelli-B sind Brüder, Phumaso und Smack begannen vor 10 Jahren als Rap-Duo, sie kennen sich schon lange. Zu sechst an einem Album zu arbeiten, war für jeden von uns eine Herausforderung.
Smack: Ein Projekt wie die Möchtegang ist in der Schweiz einzigartig: Es gibt kein anderes Kollaborationsalbum, bei dem wirklich alle bei jedem Song beteiligt sind. Deshalb hat es auf den zwei Alben auch keine Gast-Rapper, die ein Feature übernehmen.
Durch den Zusammenschluss erreicht ihr mehr Fans, als wenn ihr alleine unterwegs seid. Was überwiegt: Der Spassfaktor oder die Aussicht auf einen Nummer-1-Hitparaden-Platz?
Smack: Ganz klar der Spass. Wenn wir es auf Platz 1 der Hitparade schaffen sollten, wäre das sicher lustig, aber uns geht es nicht darum. Wir haben schon früher untereinander zusammengearbeitet und sind gute Freunde. Vor vier Jahren kam die Idee auf, gemeinsam etwas zu machen. Die Möchtegang ist also keine zufällig zusammengewürfelte Gruppe, und wir haben auch niemanden hinzugeholt, der uns Erfolg bringen sollte.
Phumaso: Wir wollten zusammen ein Projekt machen und sind deshalb im Sommer 2012 für eine Woche ins Tessin gefahren. Am Ende der Woche hatten wir die Songs für das erste Album «Mittwuch Nami» zusammen. Das war eigentlich gar nicht geplant.
C.mEE: Unsere Musik ist auch nicht darauf ausgerichtet, die Charts zu erobern. Wir schreiben Songs über Themen, auf die wir gerade Lust haben.
Smack: Genau. Unser Manager fragt immer wieder, ob wir nicht einen Track machen können, in dem nicht geflucht wird. Ich sage dann immer: «Keine Ahnung.» Wenn es von der Emotionalität her passt, dann muss da halt ein «Figg di» rein.
Phumaso: Wir können machen, was wir wollen, weil wir unseren Lebensunterhalt nicht über die Musik finanzieren müssen. Das macht die Möchtegang auch aus: Wir lassen uns den Spass an der Musik nicht verderben, nur damit ein Song im Radio gespielt werden kann. Allerdings wäre es schon schön, die Ausgaben fürs Album auf der Tour wieder einzuspielen.
Im Song «Vino Ticino» auf dem Album «Campione», das ihr im Sommer 2015 aufgenommen habt, rappt ihr übers Weintrinken und Casino-Besuche im Tessin. Klingt mehr nach Ferien als nach Arbeit – wie muss ich mir die Arbeit am Album vorstellen?
Smack: Musik zu machen, bedeutet immer, Spass zu haben. Wenn aber alle um dich an ihren Versen schreiben, kommst du unter Druck, auch etwas zu produzieren. Wir haben fünf bis sechs Stunden pro Tag konzentriert an den Songs gearbeitet und dabei an vielen Tracks parallel geschrieben. Jemand lieferte eine erste Idee, ein zweiter reagierte darauf. Mit dabei war auch DJ Stressless, der uns aufgenommen hat.
Phumaso: Bei vielen Songs stand nach der Woche das Grundgerüst, mit dem wir dann weiterarbeiten konnten. Ein Teil der Crew ist im Winter ein zweites Mal ins Tessin gefahren und hat nochmals neue Sachen aufgenommen.
Welche Rolle spielt der Konkurrenzkampf, wenn ihr zusammen an einem Album arbeitet? Versucht ihr, euch gegenseitig zu übertrumpfen?
C.mEE: Ein solches Verhalten trägt man als Rapper ein bisschen in sich. Chandro ist zum Beispiel technisch extrem stark. Schnelligkeit ist das eine, eine langsame und schön betonte Verszeile kann aber genauso gut sein. Ein solcher Vers spornt einen selbst an, noch mehr zu geben. Das ist spannend und fördert das Level des ganzen Albums. Bei der Möchtegang ist dieses gegenseitige Anstacheln ein produktiver Austausch.
Phumaso: Bei Songs zu einem Thema, zum Beispiel bei «Vino Ticino», überlegt man, wie auf einen Vers reagiert werden kann, ohne nochmals das Gleiche zu sagen. Allerdings fehlte uns im Tessin etwas die Zeit, die Verse nochmals zu überarbeiten.
Auf «Campione» gibt es mehr als nur ein kritisches Statement zur Schweizer Rapszene. «A.K.A.» ist ein Song, der solche Aussagen enthält. Wie positioniert sich die Möchtegang gegenüber der Konkurrenz?
Smack: Anti! Wir stellen uns quer und ecken auch mal an.
C.mEE: Und wir haben vor allem Spass an dem, was wir machen. Wir haben keine Verpflichtung gegenüber einem Label.
Phumaso: Wir sind eine Alternative: Wenn man unser Album hört oder an ein Konzert kommt, merkt man, dass wir uns selbst nicht immer ganz ernst nehmen. Wir üben aber nicht explizit Kritik. Wir rappen über Dinge, die wir erleben und die uns deshalb inspirieren. Der Videoclip «Aber ebe» ist eine Verarschung und kann natürlich auch als Kritik an der Gesellschaft verstanden werden.
Zum 2012 gegründeten Kollektiv Möchtegang gehören die Rapper C.mEE (SZ), Chandro und Flap von Fratelli-B (ZG), Bandit (GL), Phumaso & Smack (ZH) und die DJs Stressless, C-Cut und Aldewaldä. Im Herbst gehen Möchtegang mit ihrem zweiten Album «Campione» auf Tour und spielen am 23. Dezember im Salzhaus in Winterthur.
Der Artikel erschien bereits in der Oktober-Ausgabe des Kolt, dem Oltener-Kulturmagazin.