My Name Is George gibt es seit über 12 Jahren. Fasst diese lange Zeit mal in drei Sätzen zusammen.
Daniel Gisler (Keyboard): Kula Shaker» hören.
Albert den Dekker (Gesang): Bier trinken.
Stefan Traxler (Bass): Harry hat Albert beim Strassenmusik machen entdeckt.
AdD: Nein das stimmt schon mal nicht!
Matthias Kräutli (Schlagzeug): Ich habe Albert am Bahnhof entdeckt. Er hat einen Song von Travis gespielt.
AdD: Hast du mir Geld gegeben?
MK: Nein.
AdD: OK, dann mach das doch jetzt!
Also, eure Karriere in drei Sätzen?
AdD: Unmöglich!
Gut, es ist eine schwierige Aufgabe. Fest steht: Winterthur war immer euer Zentrum. Was hat sich in Winterthur verändert über die Jahre?
Philip Harrison (Gitarre): Die meisten Bands von früher haben sich aufgelöst.
ST: Wir hatten damals einfach unseren «Kuchen» und ich fand den super! Und irgendwann hat sich das verändert. Aber viele junge Bands kamen dazu.
Hattet ihr Einfluss auf diese jüngeren Bands?
AdD: Ja, viele von ihnen sind mit unserer Musik aufgewachsen.
MK: Das muss aber nicht heissen, dass sie uns geil fanden. Die haben einfach gemerkt: Hey, My Name Is George reissen etwas an! Mir ging das mit anderen Bands ebenfalls so. Dann begreifst du: Es gibt nicht nur die Berühmten im Hallenstadion. Es gibt auch noch so «Winti-Dudes». Albert hat mal in einem Landbote-Interview gesagt: «Wir wollen Rockstars werden.» Das hat der Journalist extra als Headline gesetzt, weil er diese Haltung total arrogant und scheisse fand.
Euer neues Album «The Color Of Now» ist poppiger als die Vorgänger. Ist da noch ein Funke von dieser «Wir wollen Rockstars werden»-Haltung vorhanden?
MK: Nein, wir wollen keine Rockstars mehr werden.
Was sind heute eure Ambitionen?
AdD: Moment mal! Das war einfach ein Spruch damals. Wir wollten und wollen vor allem geile Musik machen und damit Erfolg haben.
DG: Beim neuen Album «The Color Of Now» haben wir zwar bewusst ein Pop-Album geschrieben, dahinter steht aber kein Kalkül.
Wenn euch ein grosser Schweizer Künstler, zum Beispiel Bligg, für eine Zusammenarbeit anfragen würde, was wäre eure Antwort?
AdD: Wir würden das sicher nicht machen, nur weil Bligg oder ein anderer grosser Künstler anfragt. Es muss einfach ein guter Song da sein. Einverstanden?
Alle: Ja!
Hier herrscht Einigkeit. Worüber schlagt ihr euch die Köpfe ein?
MK: Über die Produktion, Sounds und so.
Wer streitet mit wem am meisten?
AdD: Das wird jetzt eine Therapiestunde, wir müssen aufpassen! (lacht)
MK: Ich habe dieses Album produziert und musste am meisten unten durch.
AdD: Es geht dann häufig um einen einzelnen Akkord oder einen Gitarrensound, bei dem man sagt: Nein das geht so absolut nicht!
Standen My Name Is George auch mal kurz vor der Auflösung?
PH: Offiziell nicht, aber jeder hat schon für sich daran gedacht.
AdD: Das sind Launen, die auch wieder vorbei gehen.
Daniel spielt u.a. noch Keyboard bei «Hecht» und Matthias u.a. Schlagzeug bei Baschi. Wie ist es, jeweils zu My Name Is George zurückzukommen?
MK: Das sind zwei verschiedene Welten. My Name Is George ist einfach unsere Familie. Manchmal denke ich bei bekannten Schweizer Bands, dass sie noch etwas von uns lernen könnten. Und umgekehrt.
Zum Beispiel?
AdD: Pass auf, Baschi liest morgen das «Coucou»!
MK: Bei My Name Is George haben wir ein gemeinsames Musikverständnis, während z.B. bei Baschi alle aus einer anderen Ecke kommen. Die kennen manchmal Alben nicht, die man, wie ich finde, einfach kennen muss.
Kommen wir zurück nach Winterthur: Was ist eure Prognose für die Zukunft dieser Stadt? Was wird sich verändern?
PH: Ich glaube es wird sich nicht viel verändern. Winterthur wird immer die Stadt sein, in der die Bands nicht unbedingt hip sein wollen und sich nicht gross um den Mainstream kümmern. Im Gegenteil: Sie machen Grunge und so.
Neben Viktor Giacobbo gibt es auch keine Winterthurer, die im Mainstream nationale Stars sind.
ST: Winterthur ist eine Arbeiterstadt. Das widerspiegelt sich auch in der Kultur. Sie ist zwar eine Kulturstadt mit vielen Museen, aber es gibt keinen UBS-Hauptsitz oder einen grossen Star.
Steht man wirtschaftlich und kulturell im Schatten von Zürich?
PH: Das würden die Winterthurer nicht sagen.
MK: Künstlerisch finde ich Zürich auch zu wenig interessant. Verglichen zu seiner Grösse kommt sehr wenig. Betreffend die Arbeiterstadt: In den letzten dreissig Jahren gab es sehr viele „Miet-Musiker“ aus Winterthur.
DG: Es ist die Stadt der Side-Men!
AdD: Das sind Musiker, die eben keine Stars sein wollen, sondern arbeiten.
In der früheren Industriestadt Winterthur ist man arbeitsam, aber man will nicht über andere hinausragen?
MK: Ja! Was eigentlich total schräg ist, denn diese frühere Industriestadt und die Fabrikarbeiter haben eigentlich nichts mehr mit uns zu tun. Ich begreife auch nicht, wie sich diese Mentalität fortsetzt. Sie wird ja nicht in den Genen vererbt.
ST: Als Side-Man kannst du deinen Lebensunterhalt verdienen, während du als Solo-Künstler ein grosses Risiko eingehst. Vielleicht will man hier einfach arbeiten und nicht unbedingt visionär sein.
Was den Kreis zum «Wir wollen Rockstars werden»-Interview schliesst, wo diese Haltung überhaupt nicht gut ankam.
PH: Eine Prognose zum Abschluss: Man glaubt zwar nicht daran, aber es wäre natürlich schön, wenn eine Winterthurer Band mal ganz gross raus käme. Wir wünschen es allen!
MK: Heutzutage kannst du ja auch in Hettlingen einen Welthit schreiben.
Von Hettlingen in die Welt! Vielen Dank für das Gespräch!
(* Daniel Fanslau ist Fernsehmoderator bei joiz und führt durch die wöchentliche Musik-Sendung «Living Room»)