«Es geht nicht, eine solche Tradition sterben zu lassen», liess Afro-Pfingsten-Gründer Daniel Bühler Anfang Dezember verlauten. Ein Monat zuvor war bekannt geworden, dass der Verein Afro-Pfingsten sowie die Trägerfirma Fairmeetings AG vor dem Konkurs stehen. 702’000 Franken Schulden häuften sie in den letzten drei Jahren an. Stadt und Veranstalter sagten das Festival deshalb für das Jahr 2016 ab. Aber sterben lassen war für Daniel Bühler keine Option, warum er den Medien kurzerhand die Idee für ein Nachfolge-Festival namens «eine Welt» präsentierte. Gestern fand nun die Vereinsgründung sowie eine Kick-Off-Veranstaltung inklusive Konzerten statt.
Die Idee: In der Altstadt soll eine etwas kleinere Variante des Weltmarkts stattfinden. Die Welt soll einmal im Jahr in Winterthur zu Gast sein – das heisst, solange bis die Afro-Pfingsten wieder stattfinden. Um diese nicht zu konkurrenzieren, könnte er sich vorstellen, das «eine Welt»-Festival ab 2017 auch in einer anderen Stadt auszutragen, sagte Daniel Bühler gestern. «Eine Welt» soll zu einer Plattform für Internationale Themendiskussionen in den Bereichen Ökologie, Migration, Politik, Entwicklung für alle, Fairer Handel, Menschenrecht und vielem mehr ausgebaut werden. Bühler präsentierte den Medien eine lange Liste von Unterstützern: Zwei Drittel der Gemeinderatsmitglieder vertrauen dem Organisator, die Chefs der Stadtpolizei, von Standortförderung, Winterthur Tourismus sowie diverse Kulturveranstalter ebenso. Das Datum: der 13. und 14. Mai, also das Pfingst-Wochenende. Neben einem Africana-Markt, soll es Freitag und Samstag auch einen «Global Village»- und «Fair’n’Good»-Markt geben. Daneben sollen Konzerten – im kleineren Rahmen – in der Altstadt stattfinden. Grössere Konzerte könnten während drei Tagen vom Salzhaus und auch vom Albani organisiert werden. Erste Abklärungen seien da bereits im Gang, verriet Daniel Bühler gestern.
In der Diskussion der Vereinsmitglieder zeichnete sich gestern ab, dass sich das Festival kaum von den Afro-Pfingsten unterscheiden wird. Das Interesse der Marktfahrer, die in den vergangenen Jahren an den Afro-Pfingsten waren, ist gross, auch bei «eine Welt» wieder dabei zu sein – am liebsten mit dem gleichen Standplatz. Den Veranstaltern oder den Vereinsmitgliedern scheint offensichtlich noch nicht ganz klar zu sein, wie ihr Festival im Mai konkret aussehen soll – sicher anders als die Afro-Pfingsten, aber irgendwie auch ganz ähnlich.
Eine Welt ohne Geld (?)
Stadtpräsident Michael Künzle (CVP) zeigte sich in einer ersten Reaktion gegenüber dem Landboten zurückhaltend: «Der Anlass hat grosse Ähnlichkeit mit den Afro-Pfingsten. Wir hätten es bevorzugt, ein Jahr zu pausieren und das Konzept zu überdenken.» Von der Stadt erhält «eine Welt» deshalb keine finanzielle Unterstützung. Und weil der Kanton Projekte nur unterstützt, die von der Stadt Winterthur gefördert werden, wird es auch da keine Gelder geben. Zudem verlangt die Stadt, dass ihre Leistungen vorab beglichen werden. Daniel Bühler geht davon aus, dass die Rechnung der Stadt für Patente, Nutzung des öffentlichen Grundes und Abfallentsorgung etwa 50’000 Franken betragen wird. Eine Vorauszahlung, die Bühler aus seinem «Sparkässeli» bezahlen will, falls nicht genug finanzielle Mittel zusammenkämen.
Für die Organisation des Anlasses im Mai braucht es eine Geschäftsleitung. Der Aufwand wäre mit ehrenamtlicher Vereinsarbeit nicht zu bewältigen. Auf die Frage des Coucou, wer denn die Geschäfte führen würde, sagte der frisch gewählte Vereinspräsident, dass der Verein ihn selbst direkt als Geschäftsführer in einem 100 Prozentpensum anstellen oder das Mandat an seine Firma geben werde. Woher aber kommt das Budget, um eine 100 Prozent-Stelle ab Januar zu finanzieren? (Und müsste das nicht auch von den Vereinsmitgliedern in einer Versammlung noch abgesegnet werden?) Mit 51 Mitgliedern, die einen Jahresbeitrag von 50 Franken zahlen, kann der Verein gerade mal die Ausgaben für den Kick-Off Anlass zahlen.
Die Finanzierung stehe noch nicht, sagte Bühler gestern denn auch mehrmals. Über Fundraising Gelder für den Anlass, der bereits im Mai stattfindet, zu finden, wird schwierig sein, weil zu kurzfristig. «Der Markt ist schon seit Jahren selbsttragend und kann inklusive Strassenmusik, Konzerte in der Altstadt kostendeckend organisiert werden», steht allerdings im Facts-Sheet, das Bühler an die Medien verschickte. Via Standmieten kämen gegen 300’000 Franken zusammen, sagte Daniel Bühler gegenüber dem Landboten. Die Kosten, die für das Festival anfallen, sollen circa 250'000 und 300'000 Franken betragen.
Grosse Pläne, viele Fragezeichen
Daniel Bühler hat viel vor. Doch schwirren um seine «eine Welt» noch viele Fragezeichen. Weder ist klar, was bei dem Festival anders sein soll als an den Afro-Pfingsten, noch wie die Finanzierung aussehen soll. Wie soll also «eine Welt» funktionieren, während es die Afro-Pfingsten nicht mehr taten? Ein Name sowie durchaus lobenswertes Herzblut reichen nicht. Bevor also bereits von einer Internationalen Plattform für weitere Jahre geträumt wird, sollte mit Realismus Klarheit geschaffen werden. Sonst wird Bühlers Utopia schnell zur Dystopie.