Der unabhängige Cartoonist

Der unabhängige Cartoonist

Ruedi Widmers Cartoons sind allgegenwärtig und die Handschrift seiner Zeichnungen unverkennbar. Manche behaupten auch, er könne gar nicht zeichnen.

Nach seiner Lehre als Grafiker arbeitete Ruedi Widmer sieben Jahre auf seinem Beruf, bevor er sich 2001 selbständig machte. Seit dreizehn Jahren ist er nun sein eigener Herr und Meister. Bereut hat er diesen Schritt nie: «Man ist unabhängiger, hat mehr Verantwortung.» Diese Unabhängigkeit ist ihm auch in politischen Belangen wichtig. Denn obschon er beispielsweise regelmässig für die WOZ, die linke Wochenzeitung, zeichnet, war er selbst nie politisch aktiv: «Auch wenn ich mich manchmal sehr darüber aufrege, was gerade passiert: Ich glaube man hat einen grösseren Einfluss auf das Geschehen, wenn man unabhängig bleibt.» Daher hat er bisher stets abgelehnt, wenn es darum ging, den Wahlkampf einer Partei zu illustrieren.

Obwohl die Figuren in seinen Cartoons überwiegend ernste Themen behandeln, haftet ihnen dennoch etwas Putziges, Unschuldiges an. Dieser Wesenszug kommt nicht von ungefähr: «Es sind die Menschlichkeit und die Niedlichkeit der Mumins, die in der DNA meiner Figuren wiederzufinden sind.» Mumins, das sind diese nilpferdartigen Trollwesen, die Ruedi Widmer zu seinem unverkennbaren Stil inspiriert haben.

Sein Schaffen beschränkt sich jedoch bei Weitem nicht nur auf seine markanten Cartoons. 2009 erschien das Büchlein «Die Wirklichkeit, mit Fleisch nachempfunden», das vom deutschen Satiremagazin «Titanic» als «das perfekte Weihnachtsgeschenk für Carnivoren» angepriesen wurde. «Fleisch ist ein sehr kontroverses Thema. Vermutlich fand ich gerade deshalb schon immer alles lustig, was irgendwie mit Wurst und Fleisch zu tun hat.» Assoziationen faszinieren ihn, groteske Bilder, die er irgendwo im Internet findet, sammelt er. Häufig handelt es sich dabei auch um Bilder aus Familienalben fremder Menschen, denen etwas unbeabsichtigt Komisches anhaftet. Gerne hätte er die Zeit dazu, sich längerfristig auf ein einzelnes Projekt zu konzentrieren, länger an einem Buch zu arbeiten.

Zeit dafür bleibt ihm jedoch kaum. Ruedi Widmer ist eigentlich immer an etwas dran und arbeitet manchmal auch bis in die späte Nacht hinein. Er zeichnet regelmässig für den Landboten, die WOZ, den Tagesanzeiger und des Öfteren auch für das deutsche Satiremagazin Titanic. Nicht selten kommt es vor, dass ihn die Redaktion erst am Nachmittag wissen lässt, zu welchem Thema sie bis am Abend noch ein Bild braucht. Seine Werke entstehen aus Zeitgründen digital: «Wenn man für die Tagespresse arbeitet, zählt manchmal jede Minute.» Meistens handle es sich dann um solch öde, trockene Themen wie beispielsweise den Finanzausgleich: «Die eigentliche Knochenarbeit besteht darin, aus etwas Unattraktivem etwas Attraktives zu machen.»

Trotz der Hektik ist der 1973 geborene Ruedi Widmer mit seinen wachen Augen ein zufriedener Mensch. Auf die Frage hin, welche Ziele er sich für die Zukunft gesetzt hat, stellt er fest, dass er keine Ziele hat: «Ich habe mir nie Gedanken dazu gemacht, es entstand irgendwie zufällig. Mein Ziel ist es, dass ich zufrieden bin. Und so wie ich jetzt arbeite, könnte ich noch zwanzig oder dreissig Jahre weiterarbeiten.» Wichtig ist ihm lediglich, dass genügend Zeit für seine Familie bleibt. Im Frühling geht es dann auch gemeinsam mit seiner Frau und den zwei Söhnen in die Ferien.

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