Der Lucky Luke der Schlagzeuger

Der Lucky Luke der Schlagzeuger

Matthias Kräutli ist einer der vielbeschäftigsten Drummer Winterthurs. Bevor der Musiker wieder auf den Bühnen verschwindet, lässt er sich im Coucou blicken.

Er sei Schlagzeuger und keine Berühmtheit, stellt Matthias Kräutli klar: «Nichts liegt mit ferner als mit meiner Musik einen Pseudo-Popularitätsstatus anzustreben.» Die Winterthurer kennen Matete trotzdem. Der Drummer gewann 2012 den Förderpreis der Stadt: «Jetzt kann ich Projekte realisieren, welche zuvor am Budget gescheitert sind.» Doch die mit dem Preisgeld gewonnene Unabhängigkeit verpflichtet auch zu strategischen Überlegungen. Besonders der Papierkrieg sei zwar notwendig, aber zeitfressend. Zeit ist für Kräutli ein rares Gut. In den letzten zehn Jahren spielte der Winterthurer über tausend Konzerte, gab Unterricht und arbeitete bei Musicals und Bandprojekten mit. Nie zu viel der Musik? «Nein.» Momente des Ärgers über lange Autofahrten und mühsame Schlepperei würden jeweils rasch verschwinden: «Mir fällt dann wieder ein, wie privilegiert ich bin, mit meiner Leidenschaft meinen Lebensunterhalt zu verdienen.» Denn der Schlagzeuger könnte sich nicht vorstellen, täglich im Büro zu sitzen und die Wochenenden herbeizusehnen. Stattdessen tingelt er mit bekannten Musikern wie Adrian Stern, Annakin, Boy oder Admiral James T. durch die Welt, spielt in Musicals wie Grease oder Fame mit und gründet eigene Bands. Doch das Musikerleben besteht nicht nur aus Auftritten. Kräutli spielte für TV-Serien die Soundtracks ein, plante Alben anderer Künstler mit und verhalf Schlagerstar Andrea Berg zu einem neuen Album. Die Auftragsgeber forderten dabei nicht immer Kreativität: «Ein Käsehersteller wollte eine Werbemusik, die ‹einfach immer nur rauf› gehen sollte.»

 

Bekannte Bands und geheime Pläne

Mittlerweile hat sich Kräutli ein eigenes Studio aufgebaut. Er will seine Musik selbst produzieren: «Dafür habe ich in den letzten fünf Jahren gleich viel Zeit vor dem Computer wie hinter dem Schlagzeug verbracht.» Ein Projekt ist bereits in Planung, über die akustischen Details schweigt er sich jedoch aus: «Ich möchte nicht zu viel verraten, aber es macht unglaublich Spass, mit einem Freund meine Pop-Seite auszuleben.» Auskunftsfreudiger ist er bei seiner Band Pixie Paris. Die trashige Electro-Formation besteht aus der belgischen Wahlhamburgerin Cindy Hennes und dem Winterthurer. Einen Hit hat das Duo bereits: «Popmusik» wummert in Endlosschlaufe aus den Boxen deutscher Clubs. Das Debüt hat Kräutli soeben fertig abgemischt, im September wird das Album erscheinen. Doch bis dahin dreht er den Pop-Pegel herunter und geht mit My Name is George auf Tour.

Mit der Winterthurer Band sorgte der Drummer 2006 dafür, dass Indie-Rock hierzulande radiotauglich wurde. Doch nicht nur die sonst skeptischen Schweizer, sondern auch das Ausland liebte die unbeschwerte Musik von My Name is George. So räumte die Band in Österreich den «Austrian Newcomer Award 2010» ab und spielte Konzerte in europäischen Metropolen und amerikanischen College-Radiostationen. Doch bei dieser Erfolgsgeschichte sass nicht immer Kräutli hinter dem Schlagzeug: «Mit My Name Is George hatte ich eine unglaublich gute Zeit, bis ich dann nach Hamburg gezogen bin und sie gezwungenermassen im Stich lassen musste.» Als er in seine Heimat zurückkehrte, fragten ihn seine ehemaligen Bandkollegen wieder an. Kräutli kam das sehr gelegen: «Da ich in Hamburg hauptsächlich elektronische Musik gemacht hatte, litt ich unter Gitarren-Rock-Entzug.» Eine Stilpräferenz möchte er nicht angeben: «Es gibt so viele Kriterien für Musik. Ein Elektro-Gewitter von Justice kann ich unmöglich gegen einen fantastisch getexteten Song von Element Of Crime in die Waagschale werfen.»

 

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