Culturestress

Culturestress

Gäbe es einen «Büschle-deine-Kolumnen-so-thematisch-wie-möglich-Award», so hätte Sarah Elena Müller ihn mehr als verdient.

Keine*r schafft es so smooth, die eigenen Texte in «Annas Last Nerf», «Ultima Härdöpfel», «Apocalypse Frau», «Huustüür id Fresse» und «KILF – Kampfjet I’d like to fuck» zu unterteilen und den dezent zurückhaltenden roten Faden der Gesellschaftskritik so zu einem stimmigen literarischen Endzeit-Makramee zu verhäkeln wie sie. Es geht um vieles – wenn nicht gar um alles: Von, wie auf dem Klappentext so treffend formuliert, «Digitalverwahrlosung, Intimpflege, Pestizidbusiness [bis hin zur] Reproduktionsmedizin» schleudert Müller den Lesenden so ziemlich jede Menschenmiserenthematik auf die Fussmatte der eigenen Existenz. Was mensch anschliessend damit macht, ist jeder*m selbst überlassen. Ob achtlos wegwischen, mittendrin reintreten oder gar auf den hauseigenen Moralaltar legen und stetig im Hinterkopf mittragen: Alles ist ok. Heimlich an einer Beerdigung sollte man «Culturestress» nicht lesen, da die Gefahr, laut herauslachen zu müssen, etwas zu gross ist. Müller verfügt nebst einem versierten Wortschatz, pointierten Syntaxskills und gefühlt 24/7-offenen Augen und Ohren diesen trockenen Sarkasmus, in den mensch sich an schlechten Tagen am liebsten wie in einen Bademantel hüllen möchte. Einmal um die Schultern gelegt, zieht man ihn dann am besten gar nicht mehr aus. 

«Culturestress» umfasst 120 Seiten und wiegt 241 Gramm. 
 
Hanna Widmer ist Autorin beim Coucou und organisiert Sofalesungen im Aargau.

Anatol abholen
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