Nahe Null

Nahe Null

Kaum ein Begriff hat die jüngere Weltgeschichte so geprägt wie «Information». In der täglichen Flut von Informationen unserer vernetzten Welt hat die gemeinsame Wahrheit längst das Nachsehen gegenüber digitalen, individuell kuratierten Narrativen. Kaum jemand verkörpert dieses Chaos wie Wladislaw Surkov, ehemaliger innenpolitischer Chefstratege Russlands.

Mit seinem Hintergrund in Marketing und Avantgarde-Theater half er dabei, die Politik des Landes um die Jahrtausendwende zu einem Spektakel aus Unsicherheit und Fehlinformation zu machen. Ein postmodernes Schauspiel, in dem Putins Staat gleichzeitig Diktatur, Demokratie und Oligarchie zu sein scheint, ohne dabei je sein wahres Gesicht zu zeigen. Solche politischen Performances sollten im folgenden Jahrzehnt die Welt beschäftigen: Brexit, Trump, Social-Media, Klima, Corona – alle sind sie geprägt von Verschwörung, Korruption, Fake News und dem Versagen kollektiver Sinnstiftung.

Ebendieser Surkov veröffentlichte 2009 unter dem Pseudonym «Natan Dubowizki» eine nihilistische Karikatur jenes Systems, welches er selber stets half, aufrecht zu erhalten. Der Roman ist ein surrealer Fiebertraum mit genauso viel Humor und poetischer Qualität wie krudem, stumpfsinnigem Gefasel, den es sich zu lesen lohnt. Besonders wenn man weiss, aus wessen Feder er stammt. Angeblich. Surkov selbst hat die Autorschaft nie bestätigt.

 

 

«Nahe Null» umfasst 218 Seiten und wiegt überraschend wenige Gramm.

 

Micha Niederhäuser zeichnet Schriften und schreibt Zeichen.

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