Bild auf Bild §46

Bild auf Bild §46

von Florian Ganz

Gedruckt wurde das Bild in der Ausgabe §92 Dezember 20.

In der eigenen Asche erdrückt, in den roten Teppich gepresst, ihr Körper gekrümmt, qualmt vor sich hin, ein lebloser Kamin. Neben ihr gestapelte Türme, aufmerksame Würfelaugen, blicken wach in die Ferne, warten, blasen Trübsal, das mitdem Rauch die Luft füllt, mit dem grauen Himmel verschmilzt, die fragilen Türme schwer umhüllt. Irgendwann werden sie dem Druckgewichen sein, ihre dünnen Steine nach links und rechts, nach vorne und hinten. Irgendwann werden sie zerfallen sein, eine Frage der Zeit. Nochsteht die Uhr still. Ihre Zeiger, der Rauch, die leidenden Türme. Auch die runden Augen bleiben offen, starren starr, blinzeln nie. Es ist 10 nach 10. Werbepause. Die Dame sein Model, das er betrachtet, steht da, ein Objekt auf dem Podest vor einer bald zerfallenen Kulisse. Sie wird gemustert, ihre schmale Taille, die breite Oberweite, vom unsichtbaren Betrachter, der sich vage im Glasspiegelt, auf der glatten Oberfläche unberührbar bleibt. Dann drückt er ab, fängt sie ein, die benutzte Zigarette, die zuvor noch zwischen Lippen klebte, Zähne berührte, Zunge mit kaltem Rauchbelegte, mit Speichel aufgesogen und wieder aus dem Mund gezogen, ausgepresst, in der eigenen Asche. Vermutlich war es so. Vermutlich ist sie längst erloschen, hat ein tiefes Lochgebrannt, durch Stoff und Staub und Fuseln. Vermutlich sind auch die Türme verschwunden, verstaut und ausgedient, bereit für die nächste Kulisse, schnell auf- und wieder abgebaut. Mit ihnen stand auch sie starr da, hielt stand, ein eingefrorenes Objekt, zurechtgerückt, während im Schatten der Unbekannte im Schatten glotzte, Scheinwerfer auf sie richtete, hell ausleuchtete. Bitte lächeln, schau nicht so ernst. Du bist viel hübscher, wenn du lächelst.