Ja, wir müssen über Kevin reden! Kevin (Ezra Miller) ist beängstigend, verstörend und der Dreh- und Angelpunkt eines Geschehens, das seine Mutter Eva (Tilda Swinton) zu verarbeiten versucht. Der Film beginnt damit, dass Eva auf der Strasse von einer Frau angespuckt wird und sich nicht dagegen wehrt. Während der gesamten verbleibenden Zeit versucht der Zuschauer herauszufinden, was geschehen ist und warum Eva sich für die vergangenen Ereignisse verantwortlich fühlt.
Die Geschichte erzählt einerseits die filmische Gegenwart, in der die Mutter, von Schuldgefühlen und Selbsthass zerfressen alle Demütigungen und sozialen Ausgrenzungen erduldet. Andererseits springt der Film immer wieder zurück in Kevins Kindheit und rollt die Geschichte von hinten auf. Anfangs möchte man aufspringen, Eva am Kragen packen, damit sie sich endlich zur Wehr setzt, doch je näher sich die beiden Erzählstränge kommen, desto klarer wird, was sie lähmt. Kevin ist böse – richtig böse und schon als kleines Kind scheint er seinen Vater klar der Mutter vorzuziehen. Mit zunehmendem Alter ihres Sohnes wird der Mutter bewusst, dass Kevin sich ihrer Kontrolle komplett entzieht und erkennt, wozu ihr Kind fähig ist. Abgrundtief verstörend und faszinierend zugleich, lässt dieser Film den Zuschauer sprachlos zurück.
We need to talk about Kevin: Lynne Ramsay, UK 2012 (DVD: Artificial Eye)