Salomé (USA 1923)

Salomé (USA 1923)

Das stilisierte Gestenspiel, die grotesken Kostüme, die üppig ornamentalen Kulissen, die expressive Lichtgestaltung: Der Film «Salomé» schreit geradezu, er sei künstlerisch hochstehend.

Er greift Formen des europäischen Kunstfilms auf und schafft eine entrückte, bedrückende Atmosphäre, sodass man sich eher an «Das Cabinet des Dr. Caligari» erinnert fühlt als an andere amerikanische Produktionen jener Zeit. Beim damaligen Publikum und der Kritik stiess die Adaption von Oscar Wildes Theaterstück weitgehend auf Missfallen. Alla Nazimova sei zu frech und knabenhaft für die Rolle der sinnlichen Verführerin, der Film bizarr und obszön. Erstaunlich offen wird für das Jahr 1923 mit der Darstellung (weiblicher) sexueller Begierde umgegangen: so etwa wenn sich Salomé aus purer Lust förmlich die Finger nach dem Propheten Jokanaan leckt. Auch das kursierende Gerücht, Nazimova habe die Rollen ausschliesslich mit bi und homosexuellen DarstellerInnen  besetzt, mag die Zeitgenossinnen und genossen zur moralischen Skepsis bewogen haben.

Die berühmte Schauspielerin Nazimova hat für den von ihr konzipierten und mitgestalteten Film einen brisanten Stoff gewählt, bei dem eine monströse und zugleich starke Frauenfigur im Zentrum steht. Salomé liebt unerwidert und, gelinde ausgedrückt, obsessiv. Immer kalkulierter gibt sie sich der Schaulust der Männer preis, der sie anfangs noch ausgesetzt ist. Um an ihr Ziel zu kommen, geht die Prinzessin über Leichen. Vielleicht ist es die artifizielle Machart, die «Salomé» zusammen mit dem Zeitabstand heute befremdlich, ja gar «campy» wirken lässt. Doch ob der Film nun Kunst oder Camp ist – er bleibt ein einzigartiges Stück Filmgeschichte.

Fingernails (USA 2023)
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