Daniel Borak sitzt auf dem gepolsterten Stuhl und versucht stillzusitzen. Es gelingt ihm nicht. Immer wieder klappert er unter dem Tisch mit seinen Füssen verschiedene Rhythmen, unbewusst. «In der Schule habe ich damit manchen Lehrer in den Wahnsinn getrieben», erzählt der Stepptänzer. Heute versuche er, bewusst abzuschalten und lockerzulassen. Daniel steppt auf vielen Bühnen: Er unterrichtet intensiv in der familieneigenen Tanzschule DanceStudio Liba Borak, wird als Gastdozent an Festivals und Workshops im Ausland eingeladen und arbeitet an diversen Projekten.
Vom Talent gelebt
«Ich war kein fleissiges Kind», sagt Daniel über sich. Eigene Schritte gestaltet und Stücke choreographiert hat er erst mit 13 Jahren. Bis dahin hat er bestehende Choreographien nachgetanzt, aufgeführt und brilliert. Als er 14 Jahre alt war, veränderte eine Begegnung mit Clown Dimitri seine Einstellung zum Tanz und der Kunst. Dimitri gastierte zu seinem 70. Geburtstag im Stadttheater. Der damalige Chefbeleuchter des Stadttheaters Winterthur – ein Freund der Familie Borak – erzählte Dimitri vom jungen Stepptänzer, sodass der Clown Daniel kennenlernen wollte. Nach dem Treffen packte ihn den Ehrgeiz: «Ich wollte mein eigenes Ding finden, genau so, wie er es gefunden hat.» Stundenlang stand er im Tanzstudio und feilte an seinen Schritten. Zudem begann er mit der Akrobatik und vertiefte sich ins Schlagzeugspielen. Ein intensives Hobby – bis er mit 17 Jahren beschloss, das Gymnasium abzubrechen, um mit einer Tanzausbildung an der «Zürcher Tanz Theater Schule» zu beginnen.
Das Musikkind im Bauch
«In jedem Menschen ist etwas, das auf Musik reagiert», ist Borak überzeugt. Er nennt dieses Etwas das Musikkind. «Bei mir sitzt es irgendwo in der Bauchgegend.» Beim Tanzen muss man den Verstand aus- und die Sinne einschalten. So wird das Musikkind und mit ihm die Kreativität erweckt. «Hat man auf der Bühne störende Gedanken oder Zweifel, baut man unbewusst zwischen sich und dem Publikum eine unsichtbare Wand auf.» Das Publikum schweift ab, da es vom Tänzer keine Aufmerksamkeit mehr erhält. «Wenn die Verbindung zum Publikum aber entstehen kann, ist dies der schönste Moment für jeden Künstler.»
Die Sprache des Tanzes
Zehn Jahre lang hat Borak an Weltmeisterschaften teilgenommen. Wie oft er dabei solo und in der Gruppe gewonnen hat, weiss er nicht genau. «Die Medien schreiben immer von elf Weltmeistertiteln.» Für ihn haben diese Goldmedaillen keinen absoluten Wert. Durch diese Wettbewerbe habe er aber Disziplin gelernt. «Ich bin niemals der weltbeste Stepptänzer!» Die Welt der Meisterschaften sei nur ein kleiner Planet im Stepptanz-Universum. «Mir ist viel wichtiger, was für Geschichten ich als Tänzer erzählen und nicht, wie viele Worte ich aneinanderreihen kann.»
Sein Traum wird wahr
Als Daniels Mutter, Liba Borak, 1981 von Tschechien in die Schweiz kam, eröffnete sie eine Tanzschule. Oberhalb des Studios hatte die Familie ihre Wohnung. «Ich hatte die Musik und den Tanz täglich um mich.» Als Daniel bei den ersten Stepptanz-Lektionen zusah, war es um ihn geschehen: Die Kombination aus Tanz und Perkussion habe ihm gefallen. «Ich habe mich aber geschämt, mit all den Mädchen mitzutanzen.» Er habe dann zugeschaut und die Übungen im Versteckten geübt. Nach dieser Stunde führte er seiner Mutter die Schritte vor. Sie hat sein Talent erkannt. «Danach zeigte sie mir unterwegs kleine Schritte, bis ich mich zu ihr in den Unterricht traute.»
Mit viel Herzblut für Winterthur
Das Tanzen bedeutet für Daniel Borak nicht nur Leidenschaft, sondern auch Lebensqualität. Er hat noch so einige Träume und Ideen. Und obwohl er in den nächsten Jahren sicherlich in der ganzen Welt unterwegs ist, möchte er versuchen, einige davon in Winterthur umsetzen. Da, wo er grossgeworden ist und die Liebe zum Tanzen und der Kunst gefunden hat.
Im April und Mai ist Daniel Borak bei Rigolo in der Halle 52 in Winterthur zu Gast. Im Programm «Wings» zeigt die Truppe eine sinnliche Mischung aus Tanz, Artistik und Kunst.