MFW-Geheimtipps 2022

Es. Ist. Soweit. Die Musikfestwochen stehen zum 47. Mal an – dieses Jahr wieder altbewährt in altstädtischen Wintigassen – und ihr Programm versorgt uns schon jetzt mit Vorfreude. Auf wen die Ungeduld am grössten ist? Wir haben ein paar Perlen für euch herausgepickt.

Jeremias (DE)
Jeremias’ Musik hüllt ein wie lauwarme Sommernachtsluft. Die Hannover Band komponiert eigens definierten «Disco-Funk» für verträumtes Verweilen, erfülltes «Nach-dem-Ausgang-mit-dem-Fahrrad-nach-Hause-Fahren» aber auch für euphorische Tanzsessions. Die vier Jeremias-Künstler kombinieren peppig-funkige Musik mit Texten über das Verliebtsein, die Jugend und wecken mit ihren Piano-Balladen die schlummernde Melancholie einer und eines jeden aus dem Tiefschlaf. Wer sich nach einem lauschigen Sommerabend und perfekt dazu passenden Klängen sehnt, ist hier gut aufgehoben.

 
Steinberggasse – Mittwoch, 10. August 20:15 Uhr
Text: Madeleine Kulle




Hatepop (CH)
Bei ihrem erstmaligen Cypher-Auftritt, dem grossen Treffen der Schweizer Rap-Szene, zeigten zwei Mitglieder dieses Berner Kollektivs, was sie ausmacht. «Mir sind nume cho, zum hie e Szene z mache», kündigten sie an und verteilten daraufhin massig Disses gegen den Veranstalter SRF, die politisch Rechten und Moderator Pablo Vögtli. Egal ob Traditionsunternehmen, Drogen, das eigene Scheitern oder die Gentrifizierung: Das Kollektiv greift mit ihren Industrial-Trap-Beats eher wütend statt melancholisch die vorherrschenden Machtstrukturen in all ihren Formen an. Diesem Ton folgen sie auf ihrem Debütalbum «¥UNG FUCKUP$», in welchem sie textlich weder Interesse an toxischer Maskulinität noch an diskriminierenden Zeilen haben. Musik für die Unerhörten und für die, die sich nichts sagen lassen wollen.

 
Steinberggasse – Donnerstag, 11.August 18:30 Uhr
Text: Lenard Baum

 

 

 
Liraz (ISR)
So sehr die beiden Länder politisch verfeindet sein mögen, so sehr vereint die Sängerin Liraz diese in sich: Ihre Eltern sind jüdisch-sephardischer Abstammung und in den 1970er-Jahren nach Israel geflüchtet. Diese musikalisch und kulturell sehr offene und diverse Epoche mit Stars wie Ramesh und Googoosh hat Liraz nachhaltig beeinflusst – und lässt sie nun Reminiszenzen davon in ihr Album «Zan» weben, das sie mit Musiker*innen aus dem Iran erarbeitet hat. Was aus politischer Perspektive als subversiv und hochgefährlich gelten mag, manifestiert sich auf «Zan» als orientalisch-okzidentalisches Meisterwerk zwischen traditionellen persischen Melodien und treibenden zeitgenössischen Synthiebeats.

 
Kirchplatz – Donnerstag, 11. August 20:30 Uhr
Text: Hanna Widmer

 

 

Lele Javel (Winti)

Wenn ich das erste Album von Lele Javel höre, würde ich gerne auf einer Blumenwiese in der Sonne liegen, die Wolken beobachten und in und zwischen Tagträumen übers Leben sinnieren. Die während vier Jahren getüftelten Synth-Klänge und Sounds grooven ziemlich wunderbar abwechslungsreich und doch stimmig als Gesamtwerk – und tun dies hie und da mit bissigen Texten irgendwo zwischen Weltschmerz, Vorsorgeplan und 3D. Entstanden sind sie hauptsächlich aus Lele’s GarageBand-Aufnahmen – doch die Drums, Bass, Gitarren und Trompeten-Soli wurden von Mattia Ferrari, Nico Feer, Ernst David Hangartner und Reto Karli eingespielt, was live vermutlich weniger ein träumendes Innehalten und eher ein treibendes Tanzen werden wird!

Steinberggasse – Freitag, 12. August 21:45 Uhr

Text: Livia Kozma

 

Lümé

Lümé füllen jeden Zentimeter der Bühne aus mit einer Ruhe, die gleichzeitig nach vorne wie auch auf alle Seiten drängt. Die sechs Musiker*innen, die aus der Schweiz und Frankreich stammen, lassen Musik aus den verschiedensten Breitengraden in ihre Lieder einfliessen. Manchmal sind ihre Lieder wie eine feine Brise, die einem durch die Haare streicht und leicht verstrubbelt zurücklässt. Dann wieder sind sie wie ein Wirbelsturm, der durch die Seele stürmt und einen in eine aufgewiegelte Stimmung versetzt – eine Stimmung, die gut tut zwischen all dem Konformismus, den man im Alltag nur allzu oft begegnet.

 

Roulotte – Samstag, 13. August 20:15 Uhr

Text: Hanna Widmer

 

 

Edwin Rosen (D)
«Und deine Lippen sind lila wie die Blumen, die ich dir nie kauf», singt die junge, melancholische Stimme Edwin Rosens. Verwebt mit einem stoischen Beat, einer markanten Bassline und verträumt schwelgenden Synths entfaltet sie die schmerzliche Liebensmüdigkeit, die in vielen seiner Songs zur Sprache kommt. Oft fühlt man sich genau in dieser zu leichtfüssig hallenden Klängen kontrastierenden Kälte des Beats aufgehoben, die das bittersüsse Gefühl von Liebeskummer trägt. Die Lyrics seiner Lieder, die stark an die 1980er-Jahre erinnern, sind simpel und verfliessen dennoch mit den schwebenden Melodien zu einer Harmonie, die einem*r die Tanzbeine auch schweren Herzens zum Schwingen bringt.

 
Steinberggasse – Samstag, 13. August 21:45 Uhr
Text: Andrea Frei

 

 

 
CMAT (IRL)
CMAT’s Musik bitte immer mit dem Zusatz «Band» oder «Singer» googlen. Sonst landet man schnell auf der Website des «Common Management Admission Test» in Indien. Hinter dem Akronym steckt aber auch die Musikerin Ciara Mary-Alice Thompson: Ihr anfangs Jahr erschienenes Debutalbum «If My Wife New I’d Be Dead» sorgte in und um ihre Heimatstadt Dublin für Furore. Bissige Texte, eine durchdacht schlaue I-don’t-really-give-a-fuck-Attitüde und Sounds, die gleichwertig an die Countryszene Nashvilles tributieren wie an die Glam-Kaugummi-Musik Charlie XCX’s – CMAT ist verdammt vieles. Und das ist verdammt gut so.

 
Steinberggasse – Sonntag, 14. August 17:15
Text: Hanna Widmer

 

 


Minyo Crusaders (JP)
Zwischendurch ist da – obwohl mal sich musiktechnisch doch auch bewusst nicht nur in 4/4-Takten und im Raum zwischen Europa und den USA bewegt hat – wieder ein schwarzes Loch. So etwa mit japanischer Musik. Bands aus Japan aufzählen? Fehlanzeige. Das 10-köpfige Kollektiv um die Minyo Crusaders vermag zwar definitiv nicht, die zeitgenössische japanische Musikkultur abzubilden, ist aber dennoch outstanding – und das zu Recht. Auf das Fundament der traditionellen japanischen (Arbeiter-)Folksongs «Minyo» stellen sie Bausteine aus Latin, Afro-Funk, Cumbria und (äthiopischem) Jazz. Was dabei herauskommt, wird dem «Crusader» im Namen mehr als gerecht: Eine wilde Kreuzfahrt auf allen musikalischen Ozeanen dieser Welt.

 
Steinberggasse – Sonntag, 14. August 20:30 Uhr
Text: Hanna Widmer

 

  
Plankton (Winti)
«Schwiizerdütschä», fetzig-gewitzter Indie-Pop aus Winterthur. Sie waren nie wirklich weg, aber jetzt sind sie richtig zurück – nach einer guten Dekade steht Plankton wieder auf der Bühne. «Jetzt isch en guete Moment gsii, villes isch zeme cho, dass es wieder gstumme het zum mitenand Musig mache», erzählt die Band im Gespräch bei Radio Stadtfilter. Seit 1997 bespielt die fünfköpfige Band ihr Publikum mit erfrischender Musik und zum Denken anregenden, versteckt-tiefgründigen Texten. Jetzt, nach der mehrjährigen Pause, ist die Zeit reif für neue Kreationen, entstanden aus der Auseinandersetzung mit vergangenen Hits wie «Die wo nöd chönd Tschutte» und Wagnissen in neues Terrain. Seid gespannt und seid dabei.

 
Kirchplatz – Sonntag, 14. August 20:30 Uhr
Text: Madeleine Kulle

 

 

 
Porridge Radio (UK)
Ein paar Takte reichen aus, um von Dana Margolins Stimme eingewickelt und weggetragen zu werden – auch wenn man sonst vielleicht eher wenig mit Post-Punk-Dream-Pop-Grunge anfangen kann. Aus kernigen Gitarrenriffs, der ganz normalen Fragilität des Alltags und dem wunderbaren Talent Dana Margolins, Quintessenzen in kryptische Songzeilen zu verpacken, kreieren die vier Musiker*innen von Porridge Radio Songs, die noch lange nach dem letzten Ton nachhallen. Und die «Waterslide, Diving Board, Ladder to the Sky» zu einem der herausragendsten Alben dieses Jahres machen.

 
Steinberggasse – Montag, 15. August 18:45 Uhr
Text: Hanna Widmer

 

 

 
Sinead O’Brien (IRL)
Sie wolle es nicht bequem haben, sagte Sinead O’Brien in einem Interview mit dem NME-Magazin, sie wolle erschüttert werden. Wer sich in dieser Aussage wiederfinden kann, dem*der sei empfohlen, am Montagabend, 15. August in der Stadtkirche anzutanzen. Und zuzuhören. In ihren Songs lässt die Künstlerin die Grenze zwischen Spoken Word und Gesang verschwinden und verflechtet, ganz nebenbei, Text und Musik auf eine so eindringliche und eigensinnige Art, dass Beschreibungen und Vergleiche nur in die Irre führen würden. Am besten, ihr hört selbst.

 
Stadtkirche – Montag, 15. August 19:45 Uhr
Text: Aleks Sekanić

 

 

  

Anouchka Gwen (CH)

Ein Safe-Space, ein Ort zum Atmen, an dem man sich ausdrücken und zu sich selbst finden kann: Das ist das Debüt-Album «Utopia» für Anouchka Gwen, das im März 2022 erschienen ist. In den Songs beschäftigt sich die Basler Singer-Songwriterin mit den Themen Akzeptanz, Repräsentation und Awareness und kreiert damit einen Gegenentwurf zu der Realität, der sie als junge BIPOC-Künstlerin ausgesetzt ist. «Melancholisch, romantisch, und vielleicht ein bisschen kritisch», beschreibt  Anouchka Gwen ihren eigenen Sound, der sich zwischen R&B, IndiePop, Electronica und Neo-Soul bewegt. Anspieltipp: «Utopia»

 

Mittwoch, 17. August 2022, 18:45 Uhr Steinberggasse

Text: Sandra Biberstein

 

 

 

Arooj Aftab (PAK)
«Spaces», die es nicht mehr gibt – solchen habe Arooj Aftab ihr neues Album widmen wollen, schrieb die NBC-Journalistin Sakshi Venkatraman über «Vulture Prince». «Spaces» lässt sich nur so schwer übersetzen. Was die pakistanische Sängerin definitiv geschafft hat, ist ihre vielfältigen musikalischen Wurzeln in Jazz, Folk, Sufi und Hindustani zu einem unglaublich stimmigen Ganzen zu formen. Ihre Lyrics verfasst sie auf Urdu, und nebst feinfühligen Arrangements mit folkigen Gitarrensounds, südasiatischen Flöten und dezidierten Basslinien verarbeitet sie persönliche Schicksalsschläge wie den frühen Tod ihres jüngeren Bruders oder den Verlust eines Zuhauses zu Musik, die sie nicht nur komponiert, sondern auch lebt.

 
Stadtkirche – Mittwoch, 17. August, 19:45 Uhr
Text: Hanna Widmer

 

 

Mokoš (CH)

Mokoš ist nicht nur die slawische Göttin der Fruchtbarkeit, sondern auch ein musikalisches Universum, erschaffen durch Laura Scammacca und Mirjam Gosteli. So viele Mythen sich um die Göttin ranken, so unbändig sind die Songs und die Energie der beiden Musikerinnen: Die Welt der beiden ist voll von Geschichten, an denen sie ihre Zuhörer*innen Teil haben lassen. Laura Scammacca spielt und singt aus dem Herzen und aus dem Moment hinaus – mit Gitarre und Mandoline an ihrer Seite. Mirjam Gosteli bildet mit Akkordeon und Perkussion ein wunderbar solides Fundament, auf das Laura ihre Lieder baut. Gemeinsam navigieren sie durch unbekanntes Terrain und manövrieren aus purer Lust an der Sache auch ihnen unbekannte Songs ins eigene Repertoire.

 

Roulotte – Mittwoch, 17. August 20:15 Uhr

Text: Hanna Widmer

 

  

 
Russkaja (AT)
Dass Musik (fast) immer auch politisch ist, ist den Musikern von Russkaja seit dem 24. Februar einmal mehr sehr bewusst geworden. Anfangs März tourten sie mit Flogging Molly durch die USA – ein grosser Traum. Und ein voller Erfolg, trotz dem wahrscheinlich unguten Gefühl aufgrund der europapolitischen Situation. Sänger Georgij Makazaria ist gebürtiger Russe – und Pazifist wie die anderen Bandmitglieder. Des Öfteren auf die Politik seines Heimatlandes angesprochen meint er: «Unsere Gewehre sind Saxophone und Trompeten, unser Panzer ist das Schlagzeug.» Fernab von Unruhen transportiert die österreichische Ska-Punk-Polka-Band seit nunmehr beinahe 20 Jahren und nach rund tausend Konzerten Energie und Lebensfreude in Brassform auf die Bühnen dieser Welt.

 
Steinberggasse – Samstag, 20. August 20:00 Uhr
Text: Hanna Widmer

 

 

 
Wet Leg (UK)
Auf der Isle of Wright hinke man – so wird gemunkelt – der Zeit stets 20 Jahre hinterher. Auf Rhian Teasdale und Hester Chambers, die beiden kreativen Köpfe hinter Wet Leg, trifft genau das Gegenteil zu – oder doch nicht? Irgendwie ein wenig Franz Ferdinand, ein wenig Arctic Monkeys, aber irgendwie auch ganz viel Spaceigkeit und Future. Simpel, aber dennoch unglaublich catchy präsentiert das Duo mantra-like ihre Indiesongs, in denen die Melodien wie Seismografenaufzeichnungen kreisen und einen im Loop hängen und Purzelbäume schlagen lassen vor lauter Genialität und Chaos und Seifenblasen.  

 
Steinberggasse – Sonntag, 21. August 16:45 Uhr
Text: Hanna Widmer

 


TEKE::TEKE (CAN)
Würde man TEKE::TEKE’s musikalischen Einflüsse mithilfe von Schnur und Pins auf einer Weltkarte darstellen, bräuchte man wohl einige Meter Faden. Die sieben Musiker*innen der Band, ursprünglich als Tribut an die japanische Gitarrenlegende Takeshi Terauchi gegründet, merkten schnell, dass da noch mehr zu holen ist im unendlichen Kombinieruniversum musikalischer Stilrichtungen. Da funkelt zwischen britischer Surfrock-Attitüde, einem angenehmen Overload an punkigen Gitarrenriffs und sphärischen Querflötenklängen auch mal eine Hommage an japanische Lyrikkunst oder bulgarische Folkmusik, ehe man grad wieder vom nächsten interstellaren Musik-UFO davongetragen wird. Hört man TEKE::TEKE, weiss man sehr bald nicht mehr, in welcher Zeit und an welchem Ort man sich gerade befindet – und das ist gut so.

 
Kirchplatz – Mittwoch, 10. August 20:30 Uhr
Text: Hanna Widmer

 

 

 
Sad Night Dynamite (UK)
Der Sound von Sad Night Dynamite klingt wie frisch in der Elternhausgarage zwischen DIY-Werkstatt und WD-40-Dosen produziert und anschliessend in eine blitzblank geputzte, weisse Stretchlimousine mit fetten Boxen verlagert. Letztere schlängelt sich dann langsam durch breite, verlassene Vorstadtstrassen, bevor sie in die Strassen der glitzernden Grossstadt eintaucht und in der Gemengelage einer energiegeladenen Samstagsommernacht verschwindet. Die beiden kreativen Köpfe von SND schrauben seit langer Zeit gemeinsam an Reglern und produzieren Sounds, die Vorbilder wie Gorillaz oder The Streets nicht besser machen könnten. Zum Ein- und nicht wieder Auftauchen.

 
Steinberggasse – Donnerstag, 11. August 20 Uhr
Text: Hanna Widmer

 

 

 
Connie Constance (UK)
Connie Constance könnte genauso gut viele Bands in einer Person sein. Auf ihrem 2019 erschienen Album «English Rose» finden sich Reminiszenzen an verschiedene Britpop-Stile und -Künstler*innen wieder: Refrains, die in ihrer Vielschichtigkeit und beinahe kathartischen Intensität an Florence and the Machine erinnern. Zwischendurch tauchen immer wieder Songfragmente auf, welche die wellenbrechende Surf-Pop-Leichtigkeit der Arctic Monkeys in Erinnerung rufen. Und der Titeltrack «English Rose» macht es einem schwierig, keine «Benjamin Clementine»-Referenzen rauszuhören. Trotz aller Einflüsse schafft es Connie Constance scheinbar mühelos, ihren Songs eine eigene Persönlichkeit zu verleihen.

 
Steinberggasse – Samstag, 13. August 19:10 Uhr
Text: Hanna Widmer

 

 

 
Wu-Lu (UK)
Wut, Enttäuschung, Schmerz: Miles Romans-Hopcraft Wu-Lu bringt in seinen Songs die Emotionen derjenigen zum Ausdruck, die keine Stimme haben. Selbst in Brixton, einem Vorort von London, aufgewachsen, hilft der Multi-Instrumentalist und Produzent seit Jahren in Jugendarbeit-Projekten mit und unterstützt junge Menschen, ihre Erfahrungen auf kreative Art und Weise zu artikulieren und zu verarbeiten. Ihre Geschichten und die Gentrifizierung der Stadt London haben denn auch viele der Songs seines neuen Albums «Loggerhead» inspiriert – und zwar nicht nur in den Lyrics. Wie kein anderer experimentiert Wu-Lu mit verschiedenen Genres: Da treffen Lo-Fi-Drum-Breaks auf psychedelische Gitarren, Rap auf exorbitante Schreie und Hip-Hop auf Underground-Punk.

 
Steinberggasse – Samstag, 13. August 20:30 Uhr
Text: Sandra Biberstein

 

 

 
Psycho Weazel (CH)
Vintage-Synthies, Haarspray-Frisuren und viel Glitzer: Das waren die 1980er-Jahre. Und genau die holen Psycho Weazel in ihren Live-Performances auf die Bühne. Ivo Roxo und Léo Besso, die zwischen Neuenburg und Genf zuhause sind, spielen ihre hedonistischen Deep-House-Tracks mit Live-Instrumenten ein und reichern sie mit Italo-Disco-, New-Wave- oder auch mal mit Kuhglocken-Samples an. Das Duo gilt aktuell als eines der aufregendsten Electronic-Body-Music-Projekte der Schweiz. Psycho Weazel verstehen sich zudem als DJs und Produzenten mit einem künstlerischen Ansatz: Sie experimentieren nicht nur mit verschiedenen elektronischen Genres, sondern auch mit neuen Medien und komponieren unter anderem auch für Theater- und Filmproduktionen.

 
Text: Sandra Biberstein
Steinberggasse – Samstag, 13. August 23 Uhr

 

 
Palma Ada (CH)
Palma Ada ist ein wahres Multitalent. Ursprünglich arbeitete sie in der Filmbranche, studierte in London und New York Filmproduktion und hat Schweizer Artists wie Ta’Shan oder Lil Bruzy bei der visuellen Umsetzung ihrer Projekte geholfen. Eine spontane Anfrage führte dazu, dass sie 2018 in die Musikbranche wechselte: Für den Film «Wolkenbruch» wurde sie von ihrem Produzenten Michael Schertenleib angefragt, zwei Songs – «You» und «Sister» – beizusteuern. Zwei Jahre später erschien mit «Straight Lines» die erste EP der Zürcher Pop-Sängerin. Nach Kollaborationen mit Jimi Jules, Pablo Nouvelle und Kalabrese arbeitet sie nun an ihrem Debütalbum, auf dem sich energiegeladene Popsongs finden, die mit Synthesizerklängen und fetten Technobeats unterlegt sind.

 
Steinberggasse – Sonntag, 14. August 16 Uhr
Text: Sandra Biberstein

 

 

 

 
Catastrophe (F)
Irgendwo zwischen zerfledderter Randomness und passgenauer Konzeption könnte man das Dasein der französischen Band Catastrophe ansiedeln. Ihre Songs lassen sich in ihrer eklektizistisch auftretenden Ungefiltertheit kaum irgendwo einordnen – weder in sich geschlossen noch in Bezug zueinander. Aber das ist wohl auch das Ziel der siebenköpfigen Band: Die Ambivalenzen und Widersprüchlichkeiten dieser Welt in musikalische Bestandesaufnahmen verwandeln und ihr Potpourri an Gedanken, Gefühlen und Geschehnissen den Zuhörer*innen in immersiven, intensiven Performances weiterzugeben – als Möglichkeit, als Horizonterweiterung, als Genuss. 

 
Steinberggasse – Sonntag, 14. August 19 Uhr
Text: Hanna Widmer

 

 

 
BÜRO (CH)
Es war ein Sonntagabend im Spätsommer in einem Zürcher Klubkeller. Dahin gepilgert bin ich eigentlich für eine Winterthurer Band. Davor spielte die Band mit dem wenig verheissungsvollen Namen BÜRO. Umso erfrischender, mit wie viel Humor sich das Duo der spätkapitalistischen Existenzkrise annimmt (wie sie selbst sagen: passend dazu Musik aus der tristen Ostschweiz) und mit welch treffender Monotonie es diese besingt. Tönen tut das nach Postwave, aussehen tut’s nach zaghafter Karaokeshow mit umso motivierteren Büromenschen in den Videoclips: «E dynamischi Truppe, es super Produkt, sie bruchet nur no es Logo und denn machets es Büro uf». Das Duo, das sind Tobias Rüetschi und Martin Wundling, bricht diese Tristesse mit wavigen Beats und verspielten Synths. Wir sind froh, haben sie dieses BÜRO schon aufgemacht.

 
Startrampe – Montag, 15. August 19:45 Uhr
Text: Laura Serra

 

 
Black Country, New Road (UK)

Die Londoner*innen Truppe Black Country, New Road musiziert schon seit einigen Jahren zusammen. Und das hört man. Ziemlich eigen experimentiert das Septett mit Post-Punk, Klezmer, Jazz und Experimental mit vereinzelten Streicher- und Bläserparts. Die sich aufbauenden und wieder in sich zusammenfallenden Klangkonstruktionen schafften auf den ersten zwei Alben Raum für den Gesang von Sänger Isaac Wood. Der Sänger hat allerdings anfangs Jahr seinen Rücktritt bekannt gegeben. Nun treten Black Country, New Road ohne ihren Sänger auf und präsentieren neue Songs. Wie das klingt,  lässt sich schwer beschreiben. Besser hingehen!  

 
Steinberggasse – Montag, 15. August 20:30 Uhr
Text: Livia Kozma

 

 

 
Batbait (CH)
Zu Beginn der Szene eines imaginären Films, in welcher die Protagonistin an einen Turning Point gelangt. An dem ihr alles egal wird, sie ihr altes Ich abwirft, sich mit klarem Blick im Spiegel sieht und sich zum ersten Mal selbst an erste Stelle stellt. Genau da würde die Musik von Batbait förmlich perfekt hinpassen. Dieses zwischen den Songzeilen hörbar hässige Been-There, dieses I-don’t-even-care-anymore-Sentiment ist es, was den Garagensound der vierköpfigen Frauenband so aufreibend, gleichgültig und empathisch zugleich klingen lässt. Mit rhythmisch akkumulierender, immer dringlicher Bassline im anschliessenden Ausbruch eines Chorusvulkans aus rohen, verzerrten Gitarrenriffs und Snartornados bekommt mensch beim Zuhören das Gefühl, in die Hauptrolle eines Arthouse-Streifens geschlüpft zu sein.

 
Steinberggasse – Dienstag, 16. August 18:45 Uhr
Text: Leandra Reiser

 

 

 
To Athena (CH)
Vielseitige Harmonik trifft auf eigenwillige Instrumentierung mit hohen Backings, Streicher-Pizzicati und Achtziger-Synths. To Athena erzählt uns Geschichten in kurzen Sätzen und mit viel Poesie – mit einer glasklaren, differenzierten Stimme, die sich intim in die kraftvolle Melancholie einfügt. Eine gewisse bizarre Ebene zieht sich durch die Songs. Die opernhaften Gesangseinlagen gekoppelt mit den gläsernen Synths lassen einen vermuten, dass die Kunstfigur To Athena ein dunkles Geheimnis beherbergt. Die Ästhetik des Videoclips zu «Wrong» bestärkt dieses Gefühl umso mehr. To Athena ist fragil und gleichzeitig kräftig. Sie macht Lust, in ihre Welt einzutauchen und sich auf die mysteriösen und wunderschönen Bilder einzulassen, die in ihren Songs entstehen.

 
Stadtkirche – Dienstag, 16. August 19:45 Uhr
Text: Rosanna Zünd

 

 

Nichtseattle (D)

Scheinbar aus dem Nichts aufgetaucht – und doch eigentlich schon lange mittendrin: Katharina Kollmann alias Nichtseattle macht seit Jahren Musik, hat sich bis anhin jedoch fern von Labels und grösseren Bühnen getummelt. Das im April erschienene Album «Kommunistenlibido» – inklusive Graphic Novel von Fania Jacob – katapultierte die Berlinerin in weitere Kreise. Gut so: Ihre kryptisch gehaltenen Songzeilen reichert sie mit ebenso kargen Zutaten an. Ein wenig E-Gitarre, dann und wann ein wenig Schlagzeug und Flügelhorn. Die Melancholie mischt stets mit, oder ist eher das, worauf das «Wendekid» ihre Songs gar erst bettet. Ihre Worte klingen nach, lassen nachdenken, und manchmal schmunzeln, wenn sie singt: «Ich wollte, ich läge unter’m Apfelbaum / Gedankenlos auf deinen Schritt dir schau’n / Ich wollte auch irgendwann ein Kind / Es könnt schon sein, dass ich Kommunistin bin.»

Kirchplatz – Mittwoch, 17. August 20:15 Uhr

Text: Hanna Widmer

 

 

Takeshi’s Cashew (AT)
Takeshis Cashew reihen sich nahtlos ein in den sehr willkommenen musikalischen Exodus Anatolia-Funk-inspirierter Bands wie Altin Gün, Lalalar oder auch Khruangbin. Mit diesem transportieren sie über den Bosporus hinaus ihre Mischung aus Afrobeat, Cumbia und Krautrock in den Westen. Von einer Kritikerin als «paneuropäischer Cosmofunk» betitelt, halten die Songs von Takeshi’s Cashew, was sie versprechen: Solide Basslines als konstante Begleitung, ein treibendes Drumset für den Vorwärtsdrang und Vintage-Synthies und Querflöte für den Space-Effekt. Trotz komplexer Arrangements transportieren Takeshi’s Cashew eine wunderbar tanzbare Leichtigkeit.

 
Kirchplatz – Donnerstag, 18. August 20:30 Uhr
Text: Hanna Widmer

 

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