«Die Bezeichnung ‹Diätkoch› ist eigentlich nicht ideal», meint Marco Jegerlehner. «Im Kantonsspital haben wir uns schon oft Gedanken darüber gemacht, wie man es sonst nennen könnte.» Denn bei Diätkoch besteht die Assoziation zum Abnehmen. Es ist allerdings nicht die Aufgabe von Marco, den Leuten zu weniger Gewicht zu verhelfen, oft sei sogar das Gegenteil der Fall. «Die meisten müssen zunehmen.» Ein Grossteil der Patientinnen und Patienten mit Spezialernährung ist an einem Tumor erkrankt und muss regelrecht darum kämpfen, genügend Energie zu sich zu nehmen. Appetitlosigkeit, Geschmacksveränderung oder eine Verengung der Speiseröhre können Folgen einer solchen Erkrankung sein. «Wenn jemand einen Tumor in der Speiseröhre hat, dann wird das Essen püriert serviert», erklärt Marco. Früher habe man alles gemixt und als «Klex» auf dem Teller serviert. «Heute ist das anders», meint er stolz – er selbst habe für diese Veränderung gesorgt. Alle Komponenten werden wieder in eine Form gebracht. Fleisch wird beispielsweise in Wurstform drapiert. «Es ist wichtig, dass bei den Patientinnen und Patienten auch das Auge mitisst.» Jedes Menü, das die Spitalküche verlässt, wird von Marco oder einem gelernten Diätkoch kontrolliert. «Bei Menüs ohne besondere Einschränkungen ist es meine Aufgabe zu kontrollieren, ob alle Komponenten vorhanden sind.»
Als Diätkoch wird er jeden Tag vor neue Herausforderungen gestellt: «Manche Patientinnen und Patienten haben Unverträglichkeiten, die medizinisch nicht erklärbar sind.» Die Rede ist von Menschen, die zum Beispiel Fisch aus dem Mittelmeer nicht vertragen, dieselbe Fischsorte aus dem Atlantik jedoch schon. Oder Leute, denen Kalbfleisch nicht bekömmlich ist, Rindfleisch hingegen keine Probleme verursacht, obwohl es sich um dasselbe Tier handelt. Eine weitere Herausforderung, die aber nicht selten ist, sind Unverträglichkeiten von Glutamat, Karotten oder Sellerie. Diese Zutaten sind beinahe in jeder Gewürzmischung enthalten, was zur Folge hat, dass man eine zusätzliche Sauce im separaten Pfännchen kochen muss.
Seit einiger Zeit steht der Koch nicht mehr selbst hinter dem Herd. Sein Arbeitsplatz besteht nun aus einem Büro mit Computer, das er sich mit seinen Kolleginnen und Kollegen teilt. Von hier aus kontrolliert und koordiniert er täglich um die 70 Spezialmenüs.
Wenn Marco – nicht wie andere Köche – zu Bürozeiten das Spital verlässt, ist sein Tag noch nicht zu Ende. Auf ihn warten seine Frau und seine beiden kleinen Kinder, zwei und vier Jahre alt. Auch bei ihrem Nachwuchs achten seine Frau und er auf eine gesunde Ernährung: «Wir haben nur im Notfall auf ‹Fertigbreili› zurückgegriffen.» Zu Hause verzichte er generell auf Fertigprodukte, sagt Marco über seine persönlichen Essgewohnheiten. Durch seine Ausbildung zum Diätkoch hat er sich viel mit gesunder Ernährung auseinandergesetzt, was ihn auch privat prägt: «Ich koche gerne abwechslungsreich. Auf dem Menüplan stehen beispielsweise Quinoa oder Hirse.» Und er hat einen eigenen Gemüsegarten zu Hause. Sind Süssigkeiten tabu im Leben des Kochs und seiner Familie? Nein, auch das gehöre ab und zu dazu.
Bevor er die Ausbildung zum Diätkoch absolvieren konnte, hatte er eine Kochlehre gemacht und Arbeitserfahrung gesammelt. Später hatte er einen Tag in der Woche eine Berufsschule besucht, die Köchinnen und Köche für Spitäler, Altersheime, Kurhotels, Fitnesscenter oder die Küche im Sportbereich ausbildet. In Zukunft möchte Marco auf jeden Fall im KSW bleiben. Ihm gefällt es dort gut. Was er im Winterthurer Spital besonders schätzt, ist, dass er direkt mit den Essensplänen der Patientinnen und Patienten arbeiten kann. In anderen Spitälern ist das allein Sache der Ernährungsberatung. «Die enge Zusammenarbeit mit den Ernährungsberaterinnen und -beratern geniesse ich sehr.»
Eine weitere Leidenschaft des Familienvaters ist das Joggen. Drei Mal wöchentlich geht er über Mittag laufen. «Dann esse ich eben nur ein Sandwich zu Mittag», sagt er. Ansonsten gehe er immer in die Personalkantine. Wird das nicht langweilig? Der Menüplan des KSW ist zwar alles andere als einseitig, doch er wiederholt sich alle sieben Wochen. «Es wird schon etwas langweilig», gesteht er. Da er am Abend aber immer zu Hause isst, ist das für ihn kein Problem. «Und kleine Änderungen gibt es schon, was saisonale Rezepte betrifft. Wie Bärlauch-Spätzli oder Rhabarberwähe.»