Angefangen hat es mit zwei ambitionierten Filmstudenten, die mit dem Soundtrack ihres eigenen Kurzfilms nicht zufrieden waren. Zwar hatten sie mit Musik aus dem Internet den Kurzstreifen «Last Traces» akustisch untermalen können, gaben die Arbeit dann auch so ab, aber die beiden Jungs wollten mehr für ihren Film: eine andere, passendere, eigens für ihr Werk komponierte Musik. Sie fragten Rosanna Zünd an, die wie die beiden jungen Männer an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) studierte, allerdings im Fach Komposition. Rosanna willigte ein. Sah sich den Film ohne Ton an, sass ans Klavier. Merkte, dass Streicher besser passten als Piano. Schrieb die Ideen nieder, verfasste Melodien mit dem Notenprogramm auf dem Computer und komponierte so den neuen Soundtrack. Nach einem regen Austausch an gemeinsamen Treffen waren die beiden Jungs zufrieden, verschickten ihren Kurzfilm an diverse Festivals, darunter das «Soundtrack Cologne» – ohne zu wissen, dass es sich um einen Wettbewerb ausschliesslich für Filmmusik handelt.
Rosanna erhielt Post. Wurde als nominierte Komponistin eingeladen zu einem Wochenende nach Köln, genoss das Festival und gewann dann tatsächlich einen Wettbewerb, für den sie nie absichtlich angemeldet wurde.
Ursprünglich waren es Lieder für Kinder, die es der heute 20-Jährigen angetan hatten. Zu Pfadizeiten komponierte Rosanna ganze Lagerlieder, und als Maturaarbeit verfasste sie Kinderlieder. «Manchmal mache ich mir eigene Ohrwürmer.» Obschon die in Seen aufgewachsene Musikerin als Kind bereits Geräuschemacherin werden wollte – «das hatte ich dazumal in der Sendung mit der Maus gesehen» –, stand der Berufswunsch des professionellen Komponierens nicht von Anfang an fest. «Zuhause haben wir viel gesungen, und ich besuchte die musikalische Früherziehung», erinnert sich Rosanna zurück. «Im Klavierunterricht wurde auch mal eine Geschichte erzählt, die ich dann spielen musste.» Dass dieses Erzählen, nicht aber das Klavier, im Mittelpunkt stehen sollte, stand für Rosanna schon immer fest. Es wäre auch gar nicht möglich gewesen bei all ihren Phasen: Mal spielt sie Pauke, mal schreibt sie öfters Gedichte, dann spielt sie gern Gitarre und Akkordeon oder liebäugelt mit irischer Flöte. Die Hauptfächer Rosanna Zünds an der ZHdK sind Klavier und klassische Komposition für Film, Theater und Medien – als Einzige im zweiten Jahrgang. Das macht ihr nichts aus, findet der meiste Kompositionsunterricht doch sowieso in Einzelabsprachen mit den Dozierenden statt.
Soll man sich unter einer angehenden Filmmusik-Komponistin denn einen musikverliebten Filmfreak vorstellen, der jede Sekunde einer Szene die instrumentalen Einschübe analysiert? Rosanna sieht das lockerer. «Im Kino beschäftige ich mich weniger analytisch mit der Filmmusik. Oft sehe ich mir auch Art House-Movies an, in denen die Musik keine grosse Rolle spielt. Ich habe jedoch eine klare Lieblings-Filmmusik: Amarcord von Nino Rota.»
Privat beschränkt sie sich dann auch nicht auf Klassik, sondern geniesst Pop, Folk und Rock, von den Sechziger-Helden Simon and Garfunkel bis zum Schweizer Duo Boy. Viel Zeit für Musikhören oder Konzertbesuche bleibt im Moment allerdings nicht. Für ihr Studium stellt Rosanna momentan ein Dossier zusammen und hat Zwischenprüfung; quasi ein Fazit nach zwei Jahren Studium. Es waren zwei intensive Jahre – und Rosanna blickt in eine klangreiche Zukunft.