Die Arbeit im Mittelpunkt

Die Arbeit im Mittelpunkt

Wie hat sich der Arbeitsalltag in den letzten Jahren verändert? Dieser Frage geht das museum schaffen in seiner neuen Ausstellung nach. Zeugen sind dabei nicht Objekte, sondern Menschen.

Der Ort passt perfekt. Wo könnte in Winterthur besser über die Veränderung des Arbeitsalltags reflektiert werden als mitten im Sulzer-Areal? Dort, wo früher Motoren hergestellt oder Metall gegossen wurde und heute ein Kino, Bars oder Werbeagenturen zu finden sind. In einer der Hallen im ehemaligen Industrieareal erhalten Interessierte vom 5. Mai bis im September Einblick in den Wandel der Arbeitswelt der letzten Jahrzehnte. Welches waren die grössten Veränderungen? Wie hat sich die Digitalisierung auf die Arbeitswelt ausgewirkt, welche Gegenstände sind aus dem Arbeitsalltag verschwunden? Diesen und weiteren Fragen widmet sich die neue Ausstellung des museum schaffen mit dem Titel «Zeit. Zeugen. Arbeit.

Ein Ausstellungsparcours.» Stattfinden wird die Ausstellung in der Lokstadt Halle Rapide, die Implenia dem Museum im Rahmen einer Kooperation bis Sommer 2019 zur Verfügung stellt. Mit dem Ort sind die Verantwortlichen sehr glücklich, die vielen Erinnerungen an die frühere Industrie werden wohl ihren Teil zur spannenden Atmosphäre beitragen, wie die Kommunikationsverantwortliche Andrea Keller sagt. Die Ausstellung ist eine der Sonderausstellungen, die das museum schaffen neben Veranstaltungen und Publikationen in den kommenden Jahren durchführt. In den Mittelpunkt stellt das neu konzipierte Winterthurer Stadtmuseum des Historischen Verein Winterthur jeweils den Menschen als Schaffenden. 

 

Arbeit – ein grosses Thema

Wer in einem Café, im Zug oder im Park sitzt und den Menschen zuhört, merkt schnell: Die Arbeit ist das Thema, das die Gesellschaft wohl am meisten prägt. Es gibt kaum ein Gespräch, bei dem die Arbeit nicht thematisiert wird. Und wenn junge und alte Menschen aufeinandertreffen, werden die Unterschiede der Arbeitswelt von früher und heute diskutiert. Die Arbeit hat einen hohen Stellenwert. «Wir chrampfen, leisten, erschaffen und verbinden unsere Arbeit mit der Suche nach Sinn, dem Bedürfnis nach Ausdruck und Anerkennung oder mit der Sorge um den Lebensunterhalt. Dabei werden wir auch Zeuginnen und Zeugen von Zeitgeist und Wandel», schreibt das museum schaffen im Flyer zur Ausstellung.

Im Zentrum der Ausstellung stehen keine Artefakte oder Texte, sondern Menschen. 30 Frauen und Männer aus Winterthur erzählen von ihren Erfahrungen und reflektieren gemeinsam mit den Besucherinnen und Besuchern die Arbeitswelt. Wer hat was erlebt und inwiefern wurde die berufliche Laufbahn von wirtschaftlichen, technologischen und gesellschaftlichen Veränderungen geprägt? Beim ersten Infoanlass seien über 60 Interessierte gekommen, erzählt Co-Kurator Martin Handschin. Dass nun die Hälfte davon auch wirklich dabei ist, sei sehr erfreulich. Schliesslich investieren sie viel Zeit und werden dafür nicht entlöhnt. «Die 30 Mitwirkenden sind keinesfalls repräsentativ für die Arbeitswelt», sagt Martin Handschin weiter. Es habe mehr Frauen als Männer und mehr ältere als junge Menschen. Dennoch: Erzählen können sie so einiges.

Das wurde bereits beim ersten von drei «Intensiv-Weekends» klar, die das museum schaffen als Vorbereitung organisiert hat. Dabei trafen sich die 30 Freiwilligen mit Martin Handschin und Projektleiterin Melanie Mock, um Ideen für die Ausstellung zu sammeln. Und immer wieder kamen lustige Geschichten auf. «Früher habe ich meinen Monatslohn – 1’000 Franken – jeweils bar erhalten», erzählte einer. Und löste dabei eine Diskussion aus über die Tipex-Funktion bei der Schreibmaschine, die analoge Aktenablage oder die grossen Feiern, die es früher gab, wenn ein langjähriger Arbeitnehmer pensioniert wurde. «Beim gemeinsamen Rückblick tauchen immer wieder Geschichten und Beobachtungen auf, die sich stark gleichen», so Martin Handschin.


Die Ausstellung gemeinsam mit den Mitwirkenden zu gestalten, sei toll, aber auch nicht ganz einfach, findet er. «Unser Konzept basiert auf den Geschichten, die sie uns mitgeben. Es war wie ein Ping-Pong-Spiel zwischen uns Organisatoren und den 30 Freiwilligen.» Martin Handschin betont, dass es nicht darum gehe, den Besucherinnen und Besuchern zu sagen, wie es früher gewesen ist. Vielmehr sollen Facetten des Wandels aufgezeigt werden.

 

Miteinander ins Gespräch kommen

Jede Besucherin und jeder Besucher soll einen eigenen, persönlichen Bezug zum Thema erhalten, sagt Andrea Keller. «Vieles ist interaktiv, die Besucherinnen und Besucher sollen miteinander und mit den Mitwirkenden ins Gespräch kommen.» Zwar gehe es vor allem darum, zurückzublicken, «aber natürlich schauen wir auch in die Zukunft», so die Kommunikationsverantwortliche. Die Besucherinnen und Besucher sollen dazu angeregt werden, über die eigene berufliche Zukunft nachzudenken. Welche Ängste haben die jungen Arbeitnehmerinnen und -nehmer heute, welche Veränderungen kommen noch auf uns zu? Solche Fragen sollen beispielsweise bei einem Rundgang diskutiert werden können.

Neben der Ausstellung wird es in der Lokstadt Halle Rapide auch ein vielseitiges Rahmenprogramm geben. Veranstaltungen wie Lesungen, Konzerte oder sogar Yoga-Stunden stehen auf dem Programm.

 

 Zusatzinfos


Zeit. Zeugen. Arbeit. Ein Ausstellungsparcours
1. Mai bis 16. September

Sommerpause: 
16. Juli bis 22. August


Reguläre Öffnungszeiten:

Donnerstag, 17 bis 20 Uhr,
Samstag, 15 bis 21 Uhr, Sonntag, 14 bis 17 Uhr


Geschlossen
 an Auffahrt, 10. Mai, am Pfingstwochenende vom 19. und 20. Mai, und wegen
geschlossener Gesellschaft am 31. Mai.


Eintritt: CHF 18/15


Kostenloser Eintritt für Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre, Schulen und Erwachsenenbildung, IV-Ausweis, Winterthurer und Schweizer Museumspass, VMS- und ICOM-Mitglieder.


www.museumschaffen.ch

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