«Schreib doch einfach nur: Mir sind mega gail», meint Miriam aka John Gailo. Ruedi – auch aka John Gailo – nickt bestätigend, während er noch auf einem Stück Quiche kaut. Eine kleine Stärkung im «Kafisatz», bevor die beiden mit ihrem Equipment nach Zürich fahren, um sich dort mit den anderen zwei John Gailos auf den Gig am Abend vorzubereiten. Obwohl gegen Miriams Vorschlag per se nichts einzuwenden ist, täte er dem Quartett und seinem Vorhaben keinesfalls Genüge. Im Rahmen ihrer «Awesome Foursome Tour» macht es nämlich gleich dreimal Halt im Albani Music Club, jedes Mal mit einer anderen Band als Gast. Grund genug, herauszufinden, wer oder was John Gailo eigentlich sind und was genau sie vorhaben.
Schublade? Fehlanzeige!
John Gailo ist die schrille Band um vier maskierte Musiker und Musikerinnen, die nicht nur alle unter dem Namen John Gailo auftreten, sondern auch John Gailo sind. Verwirrt? Keine Sorge, so ergeht es allen, inklusive den Bandmitgliedern selbst. «Es gibt Leute, die verstehen das Ding und andere nicht. Das ist auch okay so. John Gailo ist als Konzept und als Band unglaublich ambivalent. Am einen Tag wissen wir genau, wer wir sind und was wir wollen. An anderen Tagen fragen wir uns, was zur Hölle wir da eigentlich machen.» Die Band ist eben auch Kunstfigur – sie will sich nicht einordnen lassen, genauso wenig, wie ihre Musik. «Ein präzises Rockgewitter zwischen Pink und Schwarz», sagen John Gailo über sich selbst, «Stildogma Fehlanzeige». Die Band kommt aus Rüschlikon USA, einfach weil sie es so wollen. An der Demotape Clinic des m4music Festivals holen sie sich mit der Single «Brain» den Sieg in der Kategorie Rock und begeistern ihre Fans seither mit leicht verstörenden, aber ekstatisch-enthusiastischen Konzerten.
Kreative Szeneförderung
Nun bringen sie ihren «Porno für die Ohren» unter anderem nach Winterthur. Die drei Stopps im Albani gehören zu insgesamt neun Auftritten auf der «Awesome Foursome Tour». John Gailo sind aber nicht alleine unterwegs: Mit Mamma Jefferson, Soybomb und Pablo Infernal bespielen sie Bühnen in Zürich, Olten und eben in der Hard Rock City Winterthur. So weit, so awesome (foursome). Die Idee entstand im Helsinkiklub, wo die Gruppe im Januar letzten Jahres eine solche Dreierreihe alleine durchführte und dabei feststellen durfte, dass von Mal zu Mal mehr Leute auftauchten. Aus dem dumpfen Gefühl heraus, dass in der Schweiz die Szenearbeit im Rock- und Pop-Bereich nur beschränkt stattfindet, wurde das Konzept auf mehrere Bands ausgeweitet. «Gerade im Independent-Bereich hat man normalerweise wenig mit anderen Musikern zu tun. Es schauen zwar alle, was die anderen machen, aber schlussendlich küchelt jeder alleine vor sich hin», resümiert Ruedi. Aufgrund der fehlenden Vernetzung erreiche man deshalb neben dem erweiterten Kreis von Freunden und Bekannten nur wenige Leute. Es stellt sich also die Frage, wie man die Massen abholt. John Gailo sehen die Lösung im gegenseitigen Support: «The Awesome Foursome Tour soll einen Raum schaffen, der zum Austausch, konstruktiver Kritik und einem gemeinsamen Voranschreiten inspiriert.» Anstatt dass jeder für sich musiziert, machen die Bands bei dieser Tour einen gemeinsamen Prozess durch. Das betrifft nicht nur den Konzertbereich, sondern führt auch dazu, dass die Fanbases verschmelzen.
Versäumte Kebabs
Mitstreiter für dieses Projekt waren schnell gefunden. Mit Bandmitgliedern von Soybomb und Mamma Jefferson drückte Ruedi die Schulbank. Die Zusammenarbeit bot sich aber nicht nur aus freundschaftlichen Gründen an, sondern weil auch John Gailo immer auf der Suche nach neuen, unkonventionellen Konzepten sind. Als dritter Gast im Albani fungieren «die Pablos», liebevoll für Pablo Infernal. An der Demotape Clinic belegten sie nach John Gailo den zweiten Platz. Und weil sie, Zitat Miriam, «so huere geili Sieche» seien, wurde beschlossen, das Preisgeld in ein gemeinsames Kebab-Essen zu investieren. Dazu gekommen ist es bis jetzt noch nicht – dafür sind die Bands nun zusammen auf Tour. Bei genauerem Betrachten der Gast-Bands kommen übrigens inzestuöse Verbindungen zum Winterthurer Musikkuchen zum Vorschein: Soybomb ist die Zürcher Band um den Winterthurer Songwriter Beda Mächler, der sich mit Neckless bereits einen Namen gemacht hat. So auch Vanja Vukelic, Frontfrau und Bassistin von Mamma Jefferson. Damit aber noch nicht genug. Mattia Ferrari, Mamma Jeffersons Drummer, hat sich zuvor mit Yar-P und James Gold seinen Status als Ausnahmetalent erspielt.
Ruedi hat inzwischen aufgegessen und ist in Aufbruchsstimmung. Mit Mamma Jefferson beehren John Gailo am Abend den Helsinkiklub, die Zürcher Residenz auf der Awesome Foursome Tour, und Einiges muss vorher noch erledigt werden. Als abschliessendes Statement spannt Ruedi den Bogen vom Konzept John Gailo auf das ihrer Tour: «Weisst du, beides kann man mit einem Gefäss vergleichen, in dem die verschiedenen Persönlichkeiten und Musiker in all ihrer Individualität vereint werden.» Ja, sie sind wirklich gailo, diese Johns.
John Gailo treten diesen Frühling dreimal im Albani auf: Am 13.4. mit Pablo Infernal, am 27.4. mit Soybomb und am 18.5. mit Mamma Jefferson, Eintritt jeweils CHF 15.–