Ein Klubfestival setzt neue Akzente

Ein Klubfestival setzt neue Akzente

Ganz im Zeichen experimenteller Klänge: Das Akzent Klubfestival verwandelt Winterthur am 27. und 28. September in ein Festivalort für Musikliebhaber*innen.

Industrial Noise Jazz, Psychedelic Doom oder Art Pop House lauten die Genre-Bezeichnungen der Acts, die am 27. und 28. September in Winterthur auftreten werden. «Kantig und radikal», so umschreibt Booker Matthias Menzi das Programm des Akzent Klubfestivals, das dieses Jahr zum ersten Mal stattfindet. «Es sind Bands und musikalische Projekte, die man so in Winterthur selten zu hören bekommt, weil der passende Ort oder der Rahmen für experimentellere Musikprojekte fehlt.»

 

Die Lust am Ausprobieren zeigt sich bei vielen der 14 Acts. Jan Schulte, der am Samstag zuerst als Wolf Müller im Rahmen der Kulturnacht im Gewerbemuseum auftritt, spielt anschliessend als Bufiman seltsam schräge und ausgefallene, aber noch immer tanzbare Musik im Kraftfeld. Auch Belia Winnewisser bringt nicht die übliche Popmusik auf die Bühne: Die Luzernerin kreiert stilistisch ein Konglomerat aus Elektronik und sphärischen Klängen mit popaffinen Einflüssen. Prägendes Element sind die choralen Stimmen, die in den Songs mitunter sakral anmutende Momente hervorrufen.

 

Experimentell ist aber nur eines der Merkmale des Festivals. «Ziel sei es, dass die Besucher*innen Winterthur als Musikstadt einmal anders erleben können», sagt Flurin Wäger (Finanzen). Und Yaël Weissmann (Kommunikation) ergänzt: «Wir wollen das bestehende Programm in der Stadt nicht konkurrenzieren, sondern erweitern.» Damit alle, die neugierig sind, mal reinschauen können, sei das Programm am Samstagnachmittag bis 18 Uhr kostenlos, erklärt Pasquale Pelli (Gastronomie). «Wir haben darauf geachtet, dass es bei den Spielzeiten kaum Überschneidungen gibt», sagt Roman Surber (Programm): Man kann alle Bands sehen, obwohl sie an von einander entfernten Orten auftreten. Neben Salzhaus, Gaswerk, Kraftfeld und Albani konnte das Organisationsteam acht weitere Orte gewinnen, an denen sonst keine oder selten Bands zu hören sind: das Kino Cameo, das Kino Nische und das Kino Loge wie auch die Alte Kaserne, das Theater am Gleis, der Secondo Clothing Kleiderladen, das Sorell Hotel Krone und der zukünftige Standort der oxyd Kunsträume unter dem Kornhaus. Das Festival ist also über die ganze Stadt verteilt.

 

Die speziellen Konzertstationen werden für Musikliebhaber*innen ihren besonderen Reiz haben. Denn das Festival bietet die Gelegenheit, sich auf unbekannte Klangwelten einzulassen und sich von ihnen herausfordern zu lassen. So wie es zum Beispiel das Projekt «Are Sing, Sinck, Sing» von Efrim Manuel Menuck und Kevin Doria tut, das die beiden am Akzent Klubfestival erstmals in der Schweiz präsentieren werden. Efrim Manuel Menuck ist Mitbegründer der kanadischen Postrock-Kollektive Godspeed You! Black Emperor und Thee Silver MT. Zion Memorial Orchestra. Kevin Doria spielt in der Brooklyn beheimateten Band Growing. Die Kollaboration «Are Sing, Sinck, Sing» zeichnet sich dadurch aus, dass sich das Werk gegen gängige Songstrukturen sperrt: Es sind atmosphärische Klanggebilde gekoppelt mit einer antifaschistischen Poetik, für die man sich Zeit nehmen muss. In lyrisch entrückten Vocals drückt Efrim Manuel Menuck den in Gesellschaften empfundenen Schmerz und Missmut aus. Kevin Doria errichtet darum herum eine tonale Klagemauer aus Ambient-Drone – ein Genre-Begriff für Musik, die sich durch Langsamkeit, Lautstärke und eine zyklische, ja beinahe rituelle Wiederholung auszeichnet.

 

Die Idee für das Klubfestival entstand an einer OnThur-Sitzung, bei der sich die Programmmacher*innen und PR-Verantwortlichen der vier lokalen Musikklubs regelmässig austauschen. Ursprünglich als 15-Jahr-Jubiläumsfeier des Klub übergreifenden Vereins angedacht, war für die Initiant*innen schnell klar: «Es sollte kein OnThur-Festival sein!», sagt Matthias. Denn um neue Akzente in der Stadt setzen zu können, muss das Projekt Klubfestival unabhängig funktionieren können. Im Juli wurde deshalb ein eigenständiger Verein gegründet. Für die Planung des Festivals können die fünf Organisator*innen auf ihr bestehendes Netzwerk zurückgreifen. Alle arbeiten nämlich in den vier Klubs und bringen bereits Erfahrung in ihren jeweiligen Ressorts mit – ein grosser Vorteil, um Ende September 14 aussergewöhnliche Konzerte an zwölf Orten zu veranstalten.

 

 

Akzent Klubfestival

Freitag, 27. September, ab 19:30 Uhr,

Eintritt: CHF 33

Kino Nische, Cameo und Gaswerk

Samstag, 28. September, ab 14:30 Uhr

Eintritt: CHF 38

Secondo Clothing, Albani, Kino Loge, Sorell

Hotel Krone, oxyd, Alte Kaserne, Salzhaus,

Kraftfeld

2-Tages-Pass: CHF 65

www.klubfestival.ch

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